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Das innere Brodeln. Markus Babbel (r.) gibt Sascha Bigalke Anweisungen. Foto: dpa

© picture alliance / ZB

Hertha-Trainer Markus Babbel: Der Getriebene

Markus Babbel ist ein Perfektionist. Er wirkt ruhig, doch in seinem Inneren brodelt es. Das Pokalspiel gegen Pfullendorf am Samstagnachmittag ist sein Pflichtspieldebüt als Hertha-Trainer.

Berlin - Der Mann ist fertig. Die Augen gerötet, der Kopf hochrot, der Blick wandert unruhig umher. Von Sorglosigkeit ist bei Markus Babbel nach dem Testspiel Anfang August in der „Keine Sorgen Arena“ in Ried nichts zu spüren. Herthas Trainer ist enttäuscht, „ich dachte, das Team wäre weiter“. Dabei war der Auftritt zuvor so schlecht nicht. Dem Gegner SV Ried gelingt gegen die Hertha-Abwehr so wenig, wie man es hier offensichtlich gewohnt ist. Als ein Österreicher den Ball aufs Stadiondach ballert, ertönt die Durchsage: „Dieser Ball, der soeben über das Dach gerollt ist, wird Ihnen präsentiert von ...“

Während der 90 Minuten sitzt Babbel auf der Bank, wie er immer dasitzt: die Beine übereinandergeschlagen, mit den Händen das Schienbein umklammernd. Doch so ruhig er auch wirkt, in seinem Inneren brodelt es. Vor Spielen schläft er oft schlecht, am Morgen danach geht er joggen, um den Stress abzubauen. Wenn ihn schon ein Testspiel derart aufwühlt, will man sich gar nicht vorstellen, was heute ab 15.30 Uhr in ihm vorgehen mag, während des Pokalmatches in Pfullendorf, seinem Pflichtspieldebüt. „Als Spieler kann man die Anspannung weglaufen, als Trainer nicht“, sagt der 37-Jährige, „daran muss ich mich noch gewöhnen.“

Schon nach den ersten Wochen unter Babbel ist klar: Der Mann ist Perfektionist. Er war bei Bayern, bei Liverpool, Europameister. Torwart Maikel Aerts nennt den Trainer „einen Getriebenen“. Babbels Lebensmotto lautet: „Du musst am Ende in den Spiegel schauen können“, sprich: sich nie vorwerfen lassen, nicht alles gegeben zu haben. Selbst in Testspielen. Seinen Ehrgeiz überträgt er auf das Team, wenn auch nicht an der Seitenlinie, „weil ich das als Spieler schon nicht mochte, wenn draußen jemand permanent reinruft“. Er strahlt lieber Vertrauen aus, trotz aller inneren Unruhe. Auch beim Training ist meist nur das Schwäbeln seines Kotrainers Rainer Widmayer zu hören, Babbel selbst schaut meist nur zu. „Ich habe eine ganz gute Gabe zu beobachten“, erklärt er. Den Dialog mit den Spielern sucht er in Einzelgesprächen im Trainingslager. Dort fragt er jeden Akteur nicht nur nach dessen persönlichen Zielen, sondern auch: „Was war dein Antrieb, Profi zu werden?“ Oder: „Was ist für dich ein echter Profi?“ In Gesprächen ist Babbel jemand, der Menschen ins Gesicht schaut und zuhört, um dann eine klare Meinung zu vertreten. „Er ist direkt, gibt eindeutige Ansagen, ich mag das“, sagt sein Spieler Christian Lell.

Babbel ist eine Autorität, obwohl er ein halbes Jahr jünger ist als sein ältester Spieler, Marco Sejna. Nur die Tätowierung, die unter Babbels Trainingsshirt hervorscheint, lässt erahnen, wie jung er ist. Die Jungfrau Maria ließ er sich auf den rechten Oberarm stechen, als er wieder gehen konnte. Ein Jahr lähmte ihn als Profi eine Nervenkrankheit, in der schlimmsten Phase von den Beinen bis ins Gesicht, ein Augenlid konnte er nicht mehr schließen „Ich bin jemand, der sehr viel mit sich selbst ausmacht“, sagt er, „ich glaube, dass ich dadurch krank geworden bin.“ Als dann noch private Sorgen dazu kamen, „nahm sich die Seele eine Auszeit“.

Wer sieht, wie sehr Babbel immer noch in und an Spielen leidet, kann nur hoffen, dass ihn seine Profis gegen Pfullendorf nicht allzu sehr quälen werden.

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