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Alfredo Morales.

© Winter

Hertha-Trainingslager: Alfredo Morales: Der US-Peruaner aus Wedding

Mit dem Kicken begann er in der Nordberliner Latino-Community in Reinickendorf. Jetzt ist Alfredo Morales Profi bei Hertha BSC. Für die USA hat er schon gespielt, der Deutsche Fußball-Bund ist interessiert - aber das Herz schlägt für Peru.

So eine kurze Winterpause hat auch ihr Gutes. Wer nur für ein paar Tage die Füße hochlegt, muss sich im neuen Jahr nur bedingt quälen. Hertha BSC hat schon härter gearbeitet als in diesen Tagen an der Algarve, wo die Grundlagen gelegt werden sollen für die Rückkehr in die Fußball-Bundesliga. Die eigentliche Tagesarbeit war bereits getan zum Aufgalopp des Trainingslagers in Portimao, da hatten zwei 20-Jährige noch einen Termin bei ihrem Vorgesetzten. Michael Preetz hielt eine kurze Rede, es ging dabei um gute Entwicklung und Perspektive, danach reichte er den beiden ein Schriftstück zur Unterschrift. Noch Fragen? Danke, alles Gute!

Auf diese Weise sind Marvin Knoll und Morales Alfredo am Montag Profis geworden. Das spartanische Ambiente nahm dem Augenblick wenig von seiner Symbolik, und natürlich hat Morales sofort zu Hause angerufen. Beim Vater, der den kleinen Alfredo Mitte der Neunziger mitnahm zum Kicken mit der Nordberliner Latino-Community in Reinickendorf. Alfredo Morales ist in Wedding geboren und aufgewachsen, „natürlich bin ich Deutscher, meine Mutter kommt aus Bayern“. Aber der Vater ist Peruaner, und dem wäre es am liebsten, wenn der Sohn einmal für seine Nationalmannschaft aufläuft. Erste Kontakte sind geknüpft, „die Peruaner wissen Bescheid“. Auch der Deutsche Fußball-Bund ist interessiert. Im Frühling stand Morales im Aufgebot für das U-20-Länderspiel gegen Italien, das Bahnticket für die Reise nach Hamburg war schon zugestellt, da eröffnete sich kurzfristig ein protokollarisches Problem. Denn Alfredo Morales hatte bereits ein paar Länderspiele absolviert. Für die USA.

Wie die Amerikaner auf ihn gestoßen sind, kann er sich heute noch nicht so recht erklären. Irgendjemand in der Geschäftsstelle der US Soccer Federation muss herausgefunden haben, dass Vater Morales früher als Soldat in der US Army gedient hatte und sein Sohn damit im Besitz der Staatsbürgerschaft war. Das war 2007, und Morales saß gerade in der U-Bahn, als sein Mobiltelefon klingelte. Hmm, amerikanische Nummer, komisch, aber er ist dann doch ans Telefon gegangen. Es meldete sich der Trainer der US-Juniorennationalmannschaft: Es stehe da ein Turnier an und ob Morales nicht Lust habe, für die U 20 aufzulaufen. Erst hat er an einen Scherz geglaubt, dann war die Leitung tot. Im zweiten Versuch tauschten die beiden ihre E-Mail-Adressen aus. Kurz darauf kam die Einladung, und ein paar Wochen später war Alfredo Morales Nationalspieler.

Die Amerikaner sind gerade dabei, eine Mannschaft für Olympia 2012 in London aufzubauen. Morales wäre schon gern dabei, und es sehe durchaus vielversprechend aus. Mindestens genauso stolz wäre er, für Deutschland zu spielen, aber das Herz schlägt für Peru, „das ist nun mal mein Blut, irgendwie bin ich halt ein Latino“, auch auf dem Fußballplatz.

Gibt es eine lateinamerikanische Fußball-Identität? Gewiss! Morales erklärt sie mit dem Spaß am ästhetisch anspruchsvollen Spiel, mit dem Vorsatz, Probleme auf dem Platz spielerisch zu lösen. Er habe das früher zuweilen übertrieben, als für ihn nur ein Spiel mit reichlich Beinschüssen ein gutes Spiel gewesen sei. „Da war es schon hilfreich, dass ich auch etwas von der deutschen Disziplin mitbekommen habe.“ Anders würde das kaum funktionieren auf der Position im defensiven Mittelfeld, Morales hat sie vor ein paar Wochen bei seinem Debüt in der Zweiten Liga verantwortet, im Spiel bei 1860 München.

Sein Name auf der Taktiktafel, die Fahrt ins Stadion, der erste Ballkontakt – Morales hat nichts vergessen. Er machte seinen Job trotz der 0:1-Niederlage ganz gut, und dass er beim nächsten Spiel nicht mal im Kader stand, war schnell vergessen. Dafür ist zuletzt einfach zu viel passiert für einen, der vor gar nicht langer Zeit noch Balljunge im Olympiastadion und dessen Ziel es damals war, möglichst schnell mit der U-Bahn zum Studium der Sportschau nach Hause zu fahren. „Hätte ja sein können, dass ich bei einem Tor im Bild war.“

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