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Immer noch nicht weg. Herthas Brasilianer Ronny drückt mit seiner Miene aus, was viele denken: Ohne eigenes Dazutun bekommen die Berliner noch einmal eine Chance.

© AFP

Hertha vor dem letzten Spieltag: Leiden ohne Erlösung

Auch nach der 0:4-Niederlage auf Schalke hat Hertha BSC vor dem letzten Spieltag noch die Chance auf den Klassenerhalt. Es muss weiter gehofft werden, aber kann Hertha das nach all den Rückschlägen der Saison noch?

Der bedenklichste Moment kam in der Schlussphase des Spiels. Da hatte Pierre-Michel Lasogga gerade den Ball an einen Schalker verloren. Doch statt ihm nachzurennen, ließ der 20-Jährige den Kopf hängen. Was, so die Botschaft, sollte das jetzt noch bringen? Wenn nicht einmal der Spekulationsläufer Lasogga daran glaubt, das Glück ersprinten zu können, dann muss es schlimm um Hertha BSC bestellt sein.

Dabei ist es trotz der 0:4-Niederlage bei Schalke 04 noch nicht vorbei für die Berliner. Die mutlose Körpersprache auf dem Feld mag dadurch zu erklären gewesen sein, dass nicht jeder bei Hertha mitbekommen hatte, dass der 1. FC Köln den Berlinern den Gefallen getan hatte, 1:4 in Freiburg zu verlieren. „Wir wussten nicht, wie es steht“, beteuerte Christoph Janker. Auch nach Schlusspfiff änderte sich die Hertha-Haltung nicht. Lasogga verließ eilig den Ort der Demütigung. Andere stierten ins Leere oder zu Boden. Keiner sah aus wie jemand, dem gerade eine letzte Chance geschenkt worden war.

Vielleicht hatten die Freiburger den Berlinern mit ihrem Sieg wirklich keinen Gefallen getan. Denn wenn die Mannschaft weiter in der Form auftritt, die sie gegen Kaiserslautern und in Gelsenkirchen gezeigt hat, verlängert sich ihr Leid und das ihrer Fans nur unnötig. Und so herrschte eher Fassungslosigkeit als Freude, im Heimspiel gegen Hoffenheim noch einmal die Chance zu haben, den Relegationsplatz zu erreichen. „Wir haben tatsächlich noch Hoffnung, dass sich die Gunst der Stunde noch zu wendet“, sagte Trainer Otto Rehhagel, als könnte er es selbst nicht glauben.

Es war viel die Rede von übersinnlichen Einflüssen wie der Gunst der Stunde, dem „Fußballgott“ (Rehhagel) oder dem „Schicksal“ (Janker), das hier gewirkt und es so gewollt habe. Selbstbestimmt, das wurde klar, führen die Berliner diesen Abstiegskampf längst nicht mehr. Sie sind wie ein Patient, der nur noch durch eine höhere Macht, oder eher: die Unfähigkeit der Kölner, künstlich am Leben gehalten wird. Und keiner zieht den Stecker.

„Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.“

„Es geht nur noch um dieses eine Spiel“, sagte Janker. Es war als Kampfansage gemeint. Aber irgendwie würde es als Beschwörungsformel passen. Nur noch ein Spiel, dann ist alles vorbei. Diese Saison mit den fünf Trainern, den ständigen Querelen und dem grandiosen Absturz in der Rückrunde. Die Spieler wollen sich wehren, aber sie können wohl nicht mehr. Ronny sagte: „Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.“ Man könnte es auch so interpretieren: Wir würden gerne, aber dürfen nicht.

Die Frustrationsgrenze scheint bei allen Beteiligten erreicht. Auch bei Trainer und Management, deren Dünnhäutigkeit noch einmal zunahm. Von Berufswegen weiter hoffen und bangen zu müssen, wird da fast zur Last. Wer kann es jemandem verdenken, dass er sich dem Ende entgegen sehnt. Auch wenn es ein Ende mit Schrecken wäre, es wäre immerhin ein Ende. Denn im anderen Fall, so stellt es sich derzeit dar, würde der Schrecken nur verlängert.

Selbst wenn es der Fußballgott, das Schicksal oder der FC Bayern am kommenden Wochenende noch einmal gut mit Hertha meinen. Mit der Leistung, die der Tabellenvorletzte in den vergangenen zwei Spielen gezeigt hat, ist Hoffenheim nicht zu schlagen. Selbst wenn der frühere Hertha- und jetzige TSG-Trainer Markus Babbel wehmütig werden sollte und eine B-Elf aufstellt. Und wenn doch ein Sieg gelingt? Einer, „der nicht schön aussieht“, wie Rehhagel meinte? Dann warten zwei nervenaufreibende Spiele gegen ein euphorisches Zweitligaspitzenteam.

Aber noch muss gehofft werden. „Es nützt alles nichts“, sagte Rehhagel. Auch, dass Hertha in dieser Saison zu Hause noch schlechter spielt als auswärts. „Richtig“, sagte Rehhagel, „aber dann müssen wir den Teufelskreis eben durchbrechen.“ Als einen der wenigen Hoffnungsschimmer nannte Lewan Kobiaschwili ganz uneitel, dass „zwei wichtige Leute zurückkommen“: er und Peter Niemeyer. Zwei, die durch ihre Körpersprache glaubhaft vermitteln könnten, zu glauben.

Doch der Rest der Mannschaft wirkte in der zweiten Halbzeit wie die Schauspieler in „American Pie 4“ – dem Film, den sich die Profis vor dem Spiel angesehen hatten. Eigentlich haben sich die Protagonisten abgenutzt. Eine Fortsetzung müssen sie dennoch ertragen.

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