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HERTHAS CHRISTIAN LELL ÜBER DIE ATTACKEN GEGEN SCHIEDSRICHTER: „Wir müssen diese Schärfe, diese Aggressivität rausnehmen“

Herr Lell, Sie haben nach Herthas Spiel in Freiburg gesagt, dass Sie die ständigen Diskussionen um Schiedsrichter langsam unerträglich fänden. Haben Sie ein Herz für Schiedsrichter?

Herr Lell, Sie haben nach Herthas Spiel in Freiburg gesagt, dass Sie die ständigen Diskussionen um Schiedsrichter langsam unerträglich fänden. Haben Sie ein Herz für Schiedsrichter?

Mit einem Herz für Schiedsrichter hat das nichts zu tun. Ich finde, Emotionen gehören in gewisser Weise sogar zum Fußball, deswegen macht’s ja auch Spaß. Aber wir müssen alle versuchen, uns wieder ein bisschen zurückzunehmen. Was da inzwischen abläuft, ist doch nicht mehr normal. Kein Schiedsrichter macht mit Absicht Fehler.

Markus Wingenbach stand am Samstag in der Kritik, weil er das 2:2 für Freiburg nicht gegeben hat.

Die Entscheidung war völlig korrekt. Die Freiburger haben die Ecke ausgeführt, bevor der Ball freigegeben war. Aber Sie hätten mal den Freiburger Spieler sehen sollen…

… Sie meinen Julian Schuster?

Genau, der war außer sich. Ich habe ihn dann zur Seite genommen und ihm ganz ruhig in ein, zwei Sätzen erklärt, worum es eigentlich geht. Danach hat er sich auch wieder beruhigt.

Sie wollen sich tatkräftig dafür einsetzen, dass die Schiedsrichter nicht dauernd attackiert und bestürmt werden. Wie stellen Sie sich das vor?

Ich bin seit Jahren dafür, den Videobeweis einzuführen. Dann kochen gewisse Situation gar nicht erst so hoch. Nach dem nicht gegebenen Tor hätte es einen Elfmeter für uns geben müssen. Der Schiedsrichter steht zehn Meter daneben, als Adrian Ramos gefoult wird. Da kann mir niemand erzählen, dass er das nicht gesehen hat. Aber er ist natürlich beeinflusst durch die Situation vorher, durch die wütenden Proteste der Freiburger.

Sie ärgern sich also auch über die Schiedsrichter.

Dass ein Schiedsrichter Fehler macht, ist legitim. Genauso wie es legitim ist, dass wir uns darüber aufregen. Aber wir müssen diese Schärfe, diese Aggressivität rausnehmen. Ich habe ja gesehen, wie verunsichert Wingenbach nach seiner Entscheidung war. Das konnte man in seinen Augen lesen. Er hat mir fast ein Stück weit leidgetan.

Und wenn er anders, also gegen Hertha entschieden hätte?

Im ersten Moment habe ich das ja so hingenommen. Erst nach ein paar Sekunden ist mir bewusst geworden: Moment, der hat ja erst gepfiffen, als der Ball schon in unserem Strafraum unterwegs war.

Und dann sind Sie zu ihm hin und haben auf ihn eingeredet.

Ja, aber sachlich. So wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. Es gibt Schiedsrichter, die sind arrogant bis zum Himmel, die lassen nicht mit sich reden. Andere hören sich das an, so wie Markus Wingenbach. Nachdem wir ihm die Situation geschildert haben, hat er sich bei seinem Assistenten erkundigt und das Tor zurückgenommen. Er hat Rückgrat bewiesen. Kompliment!

Hat Ihr Plädoyer für mehr Fairness im Umgang mit den Schiedsrichtern etwas mit dem Suizidversuch von Babak Rafati zu tun?

Nein, davon wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts. Die Mannschaft ist erst nach dem Spiel darüber informiert worden. Und wir wissen ja auch nichts über seine Motive. Wenn es etwas mit dem Fußball zu tun hätte, wäre das natürlich sehr bedenklich.

Interview: Stefan Hermanns

Christian Lell, 27, wechselte 2010 von Bayern München zu Hertha BSC. Er hat seitdem 45 Ligaspiele für die Berliner bestritten.

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