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Sport: Herthas Hürden

Gehaltsdebatte erschwert die Vorbereitung – jetzt will sich der Mannschaftsrat einigen

Berlin . Am Morgen hatte Hans Meyer wieder einen seiner Witze gerissen und erzählt, dass sich die Spieler von Hertha BSC „natürlich wie echte Profis“ ernähren und deshalb zwischen den beiden Trainingseinheiten ein Eisbein verdrücken. Natürlich war das nur ein Spaß, und natürlich gab’s am Mittag auf der Geschäftsstelle statt saftigem Eisbein leichte Kost, Nudeln und Salat nämlich, bestellt beim Lieblingsitaliener von Herthas Torwarttrainer Nello di Martino.

Die Nahrungsaufnahme im Kollektiv gehört schon länger zu Meyers Trainingslehre. Die Spieler bleiben wach, sie ernähren sich gesund, sie pflegen die Kommunikation, und „ich kann nebenbei dozieren, ich bin ja Lehrer“, sagt Meyer und wedelt mit einer Papierrolle, auf die taktische Raffinessen gezeichnet sind.

Ein Dozent passt auch ganz gut zu den Berlinern. Einer, der klar sagt, was zu tun und zu denken ist. Damit haben die Spieler nämlich Probleme. Seit dem letzten Bundesligaspiel in Köln vor drei Wochen reagiert die Mannschaft gespalten auf den Vorschlag von Herthas Manager Dieter Hoeneß, bis zum Saisonende einen Teil ihrer Gehälter einzufrieren. Gelingt der Mannschaft im Sommer der Klassenerhalt, bekäme sie das Geld ausgezahlt. Prompt reagierten viele Spieler verärgert, weil sie stark leistungsbezogene Verträge geschlossen haben und die Prämien bisher mangels Erfolgen ausgeblieben sind. Jüngere Spieler und solche, die nicht zur Stammbesetzung gehören, meinten wiederum, dass ihnen die geforderte Summe heftiger wehtun würde als den besser verdienenden Profis. Und dann gibt es noch Spieler, die sich in der Öffentlichkeit mit ihrer Meinung zurückhalten und stattdessen vorschlagen, den Manager zu fragen: „Der weiß doch alles.“

Manager Dieter Hoeneß hat sich kurz vor den Feiertagen zum sportlichen Problem des Vereins also auch noch ein nicht-sportliches geschaffen. Nach der ersten Kritik an seiner öffentlich vorgetragenen Forderung ruderte Hoeneß einen Schritt zurück und meinte, dass „es nicht um eine bestimmte Prozentzahl geht, sondern um ein Zeichen der Mannschaft“. Wenn sich die Spieler sicher seien, den Klassenerhalt zu schaffen, dann könnten sie den Deal doch unbesorgt eingehen.

Seit Tagen geht das so, und auch gestern beim gemeinsamen Mittagessen, gab es keine Lösung. Immerhin sind sich alle einig, dass die Gehaltsdebatte die Vorbereitung auf die Bundesligarückrunde stört. Aus dem Mannschaftsrat, der aus den Spielern Niko Kovac, Pal Dardai, Fredi Bobic, Marko Rehmer, Dick van Burik und Arne Friedrich besteht, war nun zu hören, dass das Gremium sich noch in dieser Woche zusammensetzen wolle. Drei oder vier Vorschläge wolle man erarbeiten, dem Rest der Mannschaft sollen diese vorgestellt werden, dann komme es zur Abstimmung. Spätestens im Trainingslager auf Gran Canaria werde das geschehen, wenn sich Hertha zehn Tage lang auf die Rückrunde vorbereitet.

Bis dahin solle man „das Thema nicht überstrapazieren“, sagt Trainer Meyer. Auch deshalb stand es gestern Mittag nicht auf dem Plan. Die Stunde zwischen den Trainingseinheiten gehörte voll und ganz dem Dozenten Meyer. Wie zu hören war, ist keiner eingeschlafen.

André Görke

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