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Herthas Manager: Dieter Hoeneß muss gehen - aber wann?

Den Machtkampf mit Trainer Lucien Favre kann Herthas Manager Dieter Hoeneß nicht gewinnen. Präsident Werner Gegenbauer spielt nur noch den Moderator.

Lucien Favre ist einer, der schwer abschalten kann. Den Kopf nicht und erst recht nicht das Mobiltelefon. Eine Woche auf den Malediven gönnt sich der Schweizer Fußballlehrer nach der schweren Saison mit Hertha BSC, aber auch in diesen raren Momenten am Strand ist Favre ständig auf Sendung. Vielleicht hat er auf ein klärendes Wort gewartet, auf ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten, auf die Zusicherung, dass da in den vergangenen Tagen einiges falsch rübergekommen ist. Diesen Anruf hat es bis zum Donnerstag nicht gegeben.

An diesem Donnerstag traf sich das Präsidium von Hertha BSC in einem Restaurant in Grunewald. Offiziell wurde der 59. Geburtstag von Präsident Werner Gegenbauer nachgefeiert. Ganz inoffiziell wartete eine Schar von Fotografen vor dem Lokal, weil es, ganz geheim!, um die Ablösung von Herthas Manager Dieter Hoeneß gehen sollte. Das war so geheim, dass nicht mal die Beteiligten davon wussten. Getafelt wurde in einem öffentlich zugänglichen Restaurant, und dort keinesfalls im Hinterzimmer. „Natürlich haben wir über die weitere Entwicklung des Vereins gesprochen“, sagt Gegenbauer. Eher beiläufig ging es um Dieter Hoeneß, schließlich läuft dessen Vertrag in einem Jahr aus. Ob er ihn erfüllen wird, ist in der Tat fraglicher denn je. Hoeneß und Favre, die beiden wichtigsten Klub-Angestellten, arbeiten nur noch nebeneinander, und dass das ist keine gute Basis, wissen sie auch im Präsidium. Sie müssen handeln – aber nicht vor Reportern und Fotografen.

Es hat seltsame Schlagzeilen gegeben in den vergangenen Tagen. Favre nach Hamburg, Favre nach Leverkusen, Favre eigentlich überall hin, Hauptsache nur weg aus Berlin. Er wäre wohl gern gefragt worden, ob denn da was dran sei. Aber Favre ist nicht gefragt worden, und vielleicht hat er sich deshalb selbst gefragt: Wollen die mich überhaupt noch? Oder sucht da einer eine elegante Möglichkeit, mich loszuwerden?

Besonders interessant ist die Geschichte mit Hamburg – gerade weil überhaupt nichts dran ist. Favre war beim HSV nie ein Thema, er ist auch nie kontaktiert worden. Er war schon auf den Malediven, als das Nicht-Thema öffentlich wurde – mit dem Tenor, Favre wäre nur zu gern bereit, Hertha im Stich zu lassen und mit dem vielen schönen Hamburger Geld etwas Neues aufzubauen. Wer hat das wohl lanciert? Eine Geschichte, die allenfalls in der Theorie Sinn machen würde. In der Praxis wäre Favre beim HSV auf einen sehr gestaltungsfreudigen Manager (Dietmar Beiersdorfer) und einen sehr präsenten Präsidenten (Bernd Hoffmann) gestoßen. Sozusagen auf einen doppelten Hoeneß, dabei ist ihm der eine in Berlin schon zu viel.

Es ist Favre nicht entgangen, wie Hoeneß hinter seinem Rücken über ihn redete. Dass der Manager nach Verantwortlichen suchte dafür, dass Hertha den Einzug in die Champions League verpasste. Beim letzten Heimspiel gegen Schalke wütete Hoeneß zum Erstaunen aller in Hörweite auf der Tribüne laut über Favres Taktik, nach dem finalen 0:4 in Karlsruhe lobte er bei der Mitgliederversammlung demonstrativ den scheidenden Stürmer Marko Pantelic, dessen Verbleib Favre bekanntlich kategorisch abgelehnt hatte. „Mich müssen sie nicht von den Qualitäten eines Marko Pantelic überzeugen“, rief Hoeneß in den Saal, aber der Trainer wolle ihn nun mal nicht.

Nicht nur wegen solcher Sticheleien ist das Verhältnis zwischen Trainer und Manager irreversibel zerrüttet. Favre hat akzeptiert, dass in Berlin kaum Geld da ist, aber diesen Mangel will er dann schon selbst gestalten und nicht mit Spielern arbeiten, die ihm gegen seinen Willen aufgedrückt werden. Hoeneß aber mag nichts abgeben von seiner sportlichen Kompetenz, und genau das ist der Punkt, der ihm nach bald 13 Jahren in Berlin zum Verhängnis werden dürfte.

Dieter Hoeneß hat immer versucht, den bei Hertha schwelenden Konflikt auf einen zwischen ihm und Werner Gegenbauer zu reduzieren. Einen öffentlichen Machtkampf gegen den Präsidenten hätte er leicht gewinnen können. Hier der hart arbeitende Manager, dort der eitle Funktionär, der sich ins Tagesgeschäft einmischt und Herthas Erfolg gefährdet – so hätte es der Hoeneß eng verbundene Boulevard gern dargestellt. Einen Machtkampf gegen Favre aber kann er nicht gewinnen. Nicht nach dieser Saison, die trotz der verpassten Champions League ein sensationeller Erfolg war.

Gegenbauer befindet sich in einer kommoden Situation. Er ist nicht mehr Streitpartei, sondern Moderator. Es stellt sich nicht die Frage, auf welche Seite sich das Präsidium stellt. Es geht nur noch um das Wann. Noch steht Favres Loyalität außer Frage. Er hat auch kein ernstzunehmendes Angebot aus der Bundesliga, aber englische Klubs sollen angefragt haben. Hertha muss um den Trainer nicht kämpfen, darf ihn aber auch nicht verprellen. Am Wochenende fliegt Favre heim in die Schweiz. Das Präsidium wird zeitnah das Gespräch mit ihm suchen.

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