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Hoeness

© Mike Wolff

Herthas Rückrunde: „Wir bleiben oben, weil...“

Der Berliner Fußball-Bundesligist steht vor sechs Spitzenteams. Hier verraten sechs Herthaner, warum das auch am Ende der Saison noch so sein wird.

Hertha steht vor dem Start in die Rückrunde auf Platz drei, vor sechs Klubs, die vor der Saison höher eingeschätzt worden sind. Sechs Berliner, die zu den sechs Vereinen eine besondere Beziehung haben, erzählen, warum Hertha die Position vor dem Establishment erfolgreich verteidigen wird.

Dieter Hoeneß (zu Stuttgart): „Weil wir am Ende mehr Punkte haben.“

Das klingt banaler als es gemeint ist. Herthas Manager Dieter Hoeneß ist Schwabe, und Schwaben können zwar nicht Hochdeutsch, aber rechnen. Vor 17 Jahren hat der damals in Stuttgart amtierende Manager den VfB zur Meisterschaft geführt. Nach dem letzten Spieltag 1991/92 hatten die Stuttgarter nicht mehr Punkte als der Zweite Dortmund – nur die bessere Tordifferenz. Dazu reichte ein 2:1-Sieg am letzten Spieltag in Leverkusen, durch ein Kopfballtor von Guido Buchwald (womit niemand rechnen konnte). Im aktuellen Fall hat Hoeneß’ Argument einen konkreten Hintergrund. Nach 17 Spielen liegt Hertha acht Punkte vor dem Zehnten VfB Stuttgart. Wenn die Berliner, wie von Hoeneß angepeilt, „gut genug sind, um ein paar etablierte Klubs hinter uns zu lassen“, dann kommen sie bei dieser Rechnung schwerlich vorbei am VfB.

Josip Simunic (zum HSV): „Weil wir es nicht nötig haben, uns nach anderen zu richten.“

Nach keinem richtet sich Josip Simunic so ungern wie nach dem HSV. Die Geschichte der auf Gegenseitigkeit beruhenden Missgunst begann im Januar 2000, als Simunic einen Vertrag bei Hertha unterschrieb, obwohl er dem HSV zugesagt hatte. So interpretierten es jedenfalls die Hamburger, die den Australo-Kroaten beleidigt nach Berlin abschoben. Simunic spricht heute von einem Missverständnis, „da wurde vieles falsch dargestellt“. Die Rivalität aber ist geblieben. Für Simunic ist es schon deshalb von tragender Bedeutung, dass Hertha am Ende vor dem HSV landet, weil er sich regelmäßig mit dem Hamburger Stürmer Ivica Olic austauscht. Zwei Wochen nach dem Bundesligafinale treffen sie sich mit der kroatischen Nationalmannschaft zum WM-Qualifikationsspiel gegen die Ukraine. Der Berliner Kroate legt Wert darauf, dass dann er und nicht der Kollege aus Hamburg die dummen Sprüche in der Kabine reißen darf.

Marko Babic (zu Leverkusen): „Weil ich da weitermachen werde, wo ich in Leverkusen aufgehört habe.“

Als der linke Mittelfeldmann 2007 Leverkusen verließ, hatte sich Bayer gerade für das internationale Geschäft qualifiziert. „Die Zeit bei Bayer war großartig“, sagt Babic, und am großartigsten war sie im Sommer 2002, als die Leverkusener ganz Europa mit ihrem Tempofußball begeisterten und im Endspiel der Champions League Real Madrid an den Rand einer Niederlage brachten. Von der Mannschaft sind mittlerweile mehr Spieler in Berlin als in Leverkusen, nämlich einer: Marko Babic. (Leverkusen hat zwar noch Bernd Schneider, aber der ist schon 35 und leidet an den Folgen einer Bandscheibenoperation). Was damals der Schlüssel zum Erfolg war? „Der Spaß am Fußball“, sagt Babic, ohne den gehe bekanntlich gar nichts, deshalb sei ja seine jüngere Vergangenheit in Sevilla so freudlos verlaufen. Als er nun am Mittwoch zum ersten Mal in die Berliner Kabine spaziert ist, „da habe ich sofort gemerkt: Hier wirst du wieder Spaß haben. Fragen Sie nicht warum, so etwas merkt man als Fußballer“.

Enver Maric (zu Schalke): „Weil wir Dritter sind.“

Da hat Herthas herzegowinischer Torwarttrainer mit der Erfahrung von 47 Bundesligaspielen für Schalke Recht: Platz drei verpflichtet zum Erfolg. Besser als nach dieser Halbserie war Hertha nur einmal, im Winter 1974, als es zu Platz zwei zur Halbzeit reichte, punktgleich mit Spitzenreiter Gladbach und drei Punkte vor Schalke. Am Ende behauptete Hertha Platz zwei, fünf Punkte vor Schalke. Ein Jahr später löste Enver Maric als Torhüter auf Schalke Norbert Nigbur ab, der dafür zu Hertha ging – irgendwie hängt alles mit allem zusammen. Maric war zum Dienstantritt auf Schalke 29 und einer der besten Torhüter Europas. So wie heute Herthas Torwart Jaroslav Drobny. „Drobnys große Stärke ist die Konstanz, damit hat er uns in dieser Saison viele Spiele gewonnen“, sagt Maric. Nein, nein, das solle keine Kritik sein am Schalker Torhüter Manuel Neuer, „er steht vor der großen Zukunft“. Aber es ändere auch nichts daran, dass Drobny mit Ende Zwanzig in der Blüte seines Könnens stehe, sagt Maric. „Für uns ist Jaro jedenfalls die Basis dafür, dass wir unseren guten Platz verteidigen.“

Arne Friedrich (zu Werder): „Weil das nach der Hinrunde noch gar nichts bedeutet.“

Bevor Ralf Rangnick die TSG Hoffenheim erfunden hat, war eine Rolle im deutschen Fußball fest vergeben: Der Wahrer des Schönen und Guten wurde von Werder Bremen gespielt. Niemand hat den Geist der Offensive so überzeugend verkörpert wie Werder – das nahm auch die Konkurrenz anerkennend zur Kenntnis. Arne Friedrich zum Beispiel, Herthas Kapitän, lobt Werder für die „sehr gute Vereinspolitik“, die dem Klub regelmäßig die Teilnahme in der Champions League beschert hat. Damit könnte es nach dieser Saison vorbei sein. Werder liegt auf Platz acht, sieben Punkte hinter Hertha. „Das hat keine Aussagekraft“, sagt Friedrich. „Die Vorrunde kann für Werder nicht der Maßstab sein. Wenn wir das auch am Ende der Saison geschafft haben, dürfen wir wirklich froh sein.“ Warum so bescheiden? Arne Friedrich ist doch das beste Beispiel dafür, dass Hertha Werder längst abgehängt hat. Bremen hat vier Nationalspieler, Hertha hat Friedrich. Torsten Frings ist bei Bundestrainer Joachim Löw nur noch Sechser auf Abruf, Clemens Fritz gar nicht mehr richtig dabei, Tim Wiese allenfalls Torhüter Nummer drei, Per Mertesacker auch nicht mehr unumstritten. Und Arne Friedrich? Spielt unter Löw immer.

Patrick Ebert (zu Dortmund): „Weil wir das mit ein bisschen Glück wieder schaffen.“

Im Winter hat sich Borussia Dortmund mit Kevin-Prince Boateng von Tottenham Hotspur verstärkt. Der frühere Herthaner hat noch ein paar Kumpels in Berlin, vor allem Patrick Ebert. Beide kennen sich aus Kindertagen, sie durchliefen Herthas Nachwuchsteams und schafften den Sprung in die deutsche U-21-Auswahl. Beide galten als Hoffnungsträger auf ein erfolgreiche Zukunft. Bis sich Hertha im Sommer 2007 von Boateng trennte – während Ebert einen Vertrag bis 2011 erhielt. „Ich war zwei-, dreimal bei Kevin in England, jetzt hoffe ich, dass er wieder glücklich wird mit dem Fußball“, sagt Ebert. „Das Talent und die Einstellung hat er.“ Nun, nicht alle in Berlin sind davon noch überzeugt. Aber das Lob ist Eberts einziger Freundschaftsdienst an Boateng. „Am Ende möchte ich vor ihm stehen.“ Mit ein bisschen Glück. gol/ist/miro/sth

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