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Sport: Herthas Seriendarsteller

Marcelinhos guten Leistungen folgen immer wieder schlechte

Berlin - Marcelinho sagte nur so viel: „Die zweite Gelbe Karte war zu hart.“ Dann stieg er in sein Auto und fuhr von Herthas Vereinsgelände. Erledigt ist die Angelegenheit für ihn damit allerdings noch nicht. Neben der zwingenden Sperre für das letzte Vorrundenspiel am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg erwägt auch sein Verein Hertha BSC Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten. Bei der 1:2-Niederlage gegen den Hamburger SV hatte der Brasilianer in der ersten Halbzeit wegen Meckerns die Gelbe Karte gesehen, kurz nach der Pause wurde er für einen Griff in das Gesicht seines Gegenspielers Benjamin Lauth erneut verwarnt und des Feldes verwiesen. „Da kann man nicht sagen: Ja, ja, gut. Morgen geht es weiter“, sagte Falko Götz, der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten.

Um es einmal wertneutral auszudrücken: Mit Marcelinho wird es nie langweilig. Doch anders als in der Vergangenheit, als er die Berliner Fans meistens in Verzückung versetzte, scheint der Brasilianer jetzt ein stabiles Gleichgewicht zwischen Ausrastern und Ausreißern nach oben anzustreben. Seiner spielerischen Nullleistung in Genua folgte vier Tage später ein starker Auftritt in Leverkusen. Dass der Wankelmut bei ihm inzwischen Methode hat, zeigte – wiederum nur eine Woche darauf – seine Darbietung in Hamburg. „Wir hätten besser zu zehnt angefangen“, sagte Marcelinhos Kollege Niko Kovac.

Ein bisschen paradox war das schon. Kaum hatte der nominell wichtigste Spieler das Feld verlassen, begann Hertha, das Spiel zu bestimmen. „Die Jungs haben noch mal richtig Feuer gegeben“, sagte Falko Götz. Hertha drängte den HSV zurück, schaffte aber durch den überragenden Yildiray Bastürk nur noch den Anschlusstreffer. Es schien, als könne der Türke erst ohne Marcelinho seine volle Kraft entfalten, als hätte der Brasilianer seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit im Weg gestanden. Trotzdem sagte Götz, dass Marcelinho seiner Mannschaft mit dem Platzverweis geschadet habe.

Es war nicht das erste Mal, dass der Brasilianer durch Undiszipliniertheit auffiel. Im November 2003 sah er wegen einer Tätlichkeit erstmals die Rote Karte, und obwohl Marcelinho allen Defensivzweikämpfen aus dem Weg geht und deshalb kaum Foul spielt, sammelt er in jeder Saison fleißig Gelbe Karten, meistens wegen Meckerns. „Der soll sich nicht immer beschweren, wenn er nicht jeden Ball bekommt, und sich mit dem Schiedsrichter anlegen, wenn ein Foul gegen ihn nicht gepfiffen wird“, sagte Niko Kovac. Der Kroate war der einzige Mitspieler, der sich öffentlich zu Marcelinhos jüngster Verfehlung äußerte. Mannschaftskapitän Arne Friedrich sagte nur, die Angelegenheit werde intern besprochen. Die Diskussion dürfte jedoch eine ähnliche Tendenz haben wie Kovac’ Einlassungen. Die Geduld der Mannschaft ist längst aufgebraucht – spätestens, seitdem Marcelinho nach dem 0:3 in Bielefeld öffentlich über seine Kollegen hergezogen war.

„Das ist sicher nicht harmoniefördernd, wenn man sich öffentlich auskotzt“, sagte Trainer Götz zu Kovac’ Reaktion. Er selbst führte noch am Samstag ein erstes Gespräch mit Marcelinho, „in dem ich ihm die Situation noch einmal nahe gebracht habe“. Offenbar ist ihm das nicht gelungen, denn der „BZ“ sagte der Brasilianer: „Ich würde eine Strafe nicht akzeptieren.“ Und Kovac riet er, er solle nicht immer die beleidigte Leberwurst spielen.

Anders als in früheren Fällen rätseln Herthas Verantwortliche, worauf die Formschwankungen Marcelinhos zurückzuführen sind. Es gibt, soweit bekannt, keine privaten Probleme. Götz hat dem Brasilianer gesagt, dass er nun eine Kampfansage hören wolle, ein Zeichen, „dass er sich mit der Situation auseinander setzt“. Am Donnerstag, im Uefa-Cup-Gruppenspiel gegen Bukarest, hat Marcelinho die nächste Chance, tätige Reue zu üben. Ein gewisser Fatalismus ist bei den Berlinern inzwischen nicht zu überhören. Falko Götz sagt: „Ich hoffe, dass gegen Bukarest wieder der Marcelinho kommt, der immer kam, wenn er unter Druck stand.“

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