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Ibisevic – und sonst? Herthas Kapitän hat in dieser Saison mit Abstand die meisten Tore für die Berliner geschossen.

© AFP

Herthas Torjäger: Vedad Ibisevic: Einer für alle

Hertha BSC ist mehr denn je auf die Treffsicherheit von Vedad Ibisevic angewiesen. Auch Ondrej Duda steht bereit.

Am vergangenen Wochenende hätte man leicht einen falschen Eindruck von Vedad Ibisevic bekommen können. Für den flüchtigen Betrachter schien sich der Stürmer von Hertha BSC auf einen Ego-Trip begeben zu haben. Ibisevic hatte gerade das 1:0 für den Berliner Fußball- Bundesligisten gegen Bayern München erzielt, doch anstatt das große Ereignis mit seinen Kollegen zu feiern, hüpfte Herthas Kapitän über die Werbebande und lief allein zu den Fans in der Ostkurve. Ibisevic ging dort in die Knie, breitete die Arme aus und ließ sich feiern – von den Mitspielern war weit und breit nichts zu sehen.

Wie gesagt: Man hätte leicht einen falschen Eindruck bekommen können. Obwohl Stürmer, ist Ibisevic in nunmehr anderthalb Jahren bei Hertha BSC ganz sicher nicht als Egoshooter aufgefallen. Und dass er nach seinem Treffer gegen die Bayern allein den Ruhm einheimste, war schließlich nicht seine Schuld: Die Kollegen hatten ihm bewusst die Bühne überlassen. Vedad Ibisevic hatte zuvor die ganze Kritik abbekommen, weil er mehr als 700 Minuten auf sein neuntes Saisontor hatte warten müssen; also sollte ihm jetzt auch der gesamte Beifall zuteil werden.

Von der Mannschaft selbst ist Ibisevic nie in Frage gestellt worden. Im Gegenteil. „Wenn die Minuten gezählt werden, ist das schon eine Extra-Belastung“, sagte Trainer Pal Dardai. Deshalb sei Vertrauen „das Wichtigste bei den sogenannten Künstlern; denn Tore machen ist eine Kunst“. Trotzdem dürfte die Erleichterung der Kollegen nach dem 1:0 gegen die Bayern kaum weniger groß gewesen sein als bei Ibisevic selbst. Sie wissen schließlich, dass ihr Gesamterfolg in hohem Maße von ihm und seinen Toren abhängt. Wenn der Bosnier getroffen hat, hat Hertha nur einmal verloren. Umso mehr hofft Manager Michael Preetz, früher selbst ein erfolgreicher Stürmer, dass sich auch bei Ibisevic eine Beobachtung bewahrheitet, die er in der Vergangenheit häufiger gemacht hat. Wenn ein Angreifer nach langem Warten endlich wieder getroffen hat, „fallen die nächsten Tore möglicherweise ein bisschen leichter“.

Ondrej Duda steht gegen Frankfurt zum ersten Mal im Kader

In diesem Sinne hätte sich Vedad Ibisevic kaum einen besseren Zeitpunkt für das Ende seiner Durststrecke aussuchen können. Einen Tag vor dem Spiel gegen die Bayern war bekannt geworden, dass sein erster Stellvertreter Julian Schieber (drei Tore) sich erneut am vorgeschädigten Knie verletzt hat und mindestens für den Rest der Saison ausfällt. Zudem ist der Einsatz von Salomon Kalou (fünf Tore) am Samstagabend im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt gefährdet. Der Ivorer hatte am Mittwoch seinen schmerzenden Mittelfuß röntgen lassen, war nach negativem Befund am Donnerstag ins Training zurückgekehrt, musste allerdings den letzten Programmpunkt, die Torschussübungen, vorsichtshalber auslassen. „Das ist eine empfindliche Stelle, da müssen wir aufpassen“, sagte Dardai.

Mit dem Ernstfall will sich der Ungar lieber nicht beschäftigen; sollte Kalou gegen Frankfurt tatsächlich ausfallen, „wird ein anderer Spieler spielen“, sagte er. Das gilt definitiv auch bei Sebastian Langkamp, der am Donnerstag wegen Nackenproblemen mit dem Training aussetzen musste. Doch so spaßig, wie es von Dardai gemeint war, ist die Sache gar nicht. Außer Kalou, Schieber und Ibisevic kommt nur Valentin Stocker in dieser Saison auf mehr als zwei Tore. Die weiteren Offensivkräfte Sami Allagui, Genki Haraguchi und Alexander Esswein sind bisher nicht durch ihr besonderes Drohpotenzial für die gegnerischen Mannschaften aufgefallen. Haraguchi vergab am Samstag gegen die Bayern nach einem forschen Solo von Salomon Kalou das möglicherweise vorentscheidende 2:0, als er den Ball weit übers Tor jagte. Und schlimmer noch: Der eingewechselte Esswein leitete mit einem schlampigen Ballverlust im Mittelfeld den Angriff ein, der den Bayern letztlich noch den späten Ausgleich einbrachte.

Da trifft es sich ganz gut, dass ein Debüt näherrückt, das seit mehr als sieben Monaten auf sich warten lässt. Ondrej Duda, teuerster Zugang des Sommers, wird am Samstag gegen Eintracht Frankfurt zum ersten Mal im Kader stehen. Nachdem der Slowake wegen seiner Knieverletzung eine gefühlte Ewigkeit gefehlt hat, scheint es jetzt doch schneller zu gehen, als erhofft. Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß Trainer Dardai, dass lange verletzte Spieler in den ersten zwei, drei Wochen nach ihrer Rückkehr richtig gut sind, weil sie sich unbedingt zeigen wollen.

Duda war erst vorige Woche ins Mannschaftstraining eingestiegen und sollte eigentlich in der U 23 Spielpraxis sammeln. Nach den Eindrücken aus dem Training glaubt Dardai aber, diese Stufe überspringen zu können. „Alle warten, was er kann“, sagt Herthas Trainer. „Ich bin überzeugt, dass er sehr gute und sehr wichtige Qualitäten hat: Er kann den letzten Pass geben, den vorletzten und auch Tore machen.“ All das also, wo es bei Hertha zuletzt durchaus Vakanzen gab.

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