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Erfolgreicher Instinktfußballer. Keiner braucht bei Hertha BSC so wenig Einsatzzeit für Tore wie Tunay Torun. Mit seinem Drang zum Abschluss könnte er für mehr Torgefahr aus dem Mittelfeld sorgen. 

© dpa

Herthas Tunay Torun: Der Mann für gewisse Minuten

In Leverkusen traf Tunay Torun nach seiner Einwechslung zweimal. Das reicht, um vor dem wichtigen Spiel gegen Kaiserslautern am Samstag zum Hoffnungsträger bei Hertha BSC aufzusteigen.

Es grünt auf dem Trainingsgelände von Hertha BSC, der Baum hinter dem Tor trägt schon erste Blätter. Bis sie Tunay Torun herunterschießt. Die Flanke, die beim Torschusstraining herangeflogen kommt, erwischt Torun in Rücklage, der Leidtragende ist der Baum. Der kleine Deutschtürke stößt einen Fluch aus, die Faust saust durch die Luft, dann dreht er frustriert ab und würdigt den Baum keines Blickes mehr.

Es klappt nicht immer alles beim Abschluss für Tunay Torun, aber er sucht ihn. In Leverkusen fand er ihn zuletzt und erzielte nach seiner Einwechslung zwei Tore. Damit hat er in einem Spiel ein Fünftel aller Berliner Rückrundentore erzielt – mit so etwas steigt man bei Hertha zum Hoffnungsträger auf.

Es sind ja auch nicht mehr viele andere da. Auch wenn am Mittwoch wieder mehr als doppelt so viele Spieler mittrainierten wie am Dienstag. 15 Feldspieler waren dabei, allerdings darunter aushilfsweise Fabian Holland und Anthony Brooks aus der zweiten Mannschaft.

Am Samstag gegen den 1. FC Kaiserslautern werden sie keine größere Rolle spielen. Dann, wenn Hertha versucht, den gleichzeitig gegen Stuttgart spielenden Kölnern den Relegationsplatz abzuluchsen. Bei Torun könnte das anders sein. Die Berliner müssen gegen den praktisch abgestiegenen Tabellenletzten das Spiel bestimmen und Tore schießen, da könnte jemand wie Torun helfen.

Torun zieht es immer wieder in die Mitte

Das durfte er zuletzt seltener. Unter dem neuen Trainer Otto Rehhagel spielte er gegen Bremen und in Köln noch von Beginn an. Danach hörte er sechs Mal den Anpfiff nur von der Bank oder der Tribüne aus. Seine Gemütslage beschreibt er folgendermaßen. „Es ist frustrierend, wenn man im Training so viel arbeitet wie die anderen, aber als Lohn nicht viel Einsatzzeiten bekommt“, sagt er und fügt pflichtbewusst an, dass man „ immer dranbleiben“ müsse. Dabei unterteilt er seine Hoffnung, zu spielen, in Abschnitte. „Wenn ich im Kader bin, ist es schon mal gut, dann hoffe ich zur Halbzeit hereinzukommen, wenn nicht, dann nach 60 Minuten, wenn nicht, dann ist die Hoffnung nicht begraben, aber dann wird es wohl nicht mehr als ein Kurzeinsatz.“

Mehr als die bekam Torun, der am Spieltag gegen Kaiserslautern 22 Jahre alt wird, zuletzt nicht. Weil er nicht zu der Spielweise passte. Oft kontert Hertha mit langen Pässen auf die schnellen Außenbahnspieler Nikita Rukavytsya und Änis Ben-Hatira. Torun ist nicht ganz so schnell wie die beiden, vor allem hält er die Außenposition kaum und zieht in die Mitte. Von dort erzielte er die beiden Tore gegen Leverkusen. Dort steht er sich aber häufig mit dem zentral gesetzten Raffael auf den Füßen.

Doch Torun ist ein Instinktfußballer, er hat das Kicken in einem gitterumzäunten Platz im Hamburger Viertel St. Pauli gelernt, liebevoll „Affenkäfig“ gerufen. Toruns Instinkt zieht ihn immer wieder in die Mitte. Dort greift er gern organisatorisch ins Spiel ein, verzettelt sich immer wieder in Dribblings, auch wenn er nicht ganz so arg mit dem Kopf durch die Wand will wie Ben-Hatira außen. Aber vor allem sucht Torun den Torabschluss. Das könnte nun sein Vorteil werden. Torgefahr fehlt Hertha aus dem offensiven Mittelfeld. Von dort kommt außer von Raffael (fünf Tore) kaum Gefahr, Rukavytsya und Ben-Hatira trafen je nur einmal.

Torun hat vier Tore erzielt, keiner im Team braucht für einen Treffer so wenig Minuten wie er, im Schnitt 196. Auch weil er bei seinen 18 Saisoneinsätzen nur einmal durchspielte. Trotzdem „war der Schritt, nach Berlin zu kommen, richtig“, findet Torun. „Beim HSV hatte ich auch nicht viel Einsatzzeiten“. Die erhoffte Verstärkung war er für den Aufsteiger bisher nicht. Obwohl er offensiv alle Positionen besetzen kann. Denn letztlich zieht es ihn doch immer wieder in die Mitte, Richtung Tor.

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