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Sport: Heß gegen Steiert

Nach einer schlechten Saison ist ein Machtkampf um den Posten als Skisprung-Bundestrainer entbrannt

Berlin. Erfolg ist wie eine Decke, die sich über alle legt und wärmt. Zieht man sie weg, spürt man erst die Kälte, die im Raum vorhanden ist. Diese Erfahrung muss nun auch der Skisprung-Bundestrainer Reinhard Heß machen. Nach der schlechtesten Saison in seiner Amtszeit, tritt plötzlich der Konflikt offen zu Tage, der seit zwei Jahren im deutschen Skisprungteam schwelt: Kotrainer Wolfgang Steiert möchte gerne selber Bundestrainer werden, das hat er bereits mehrmals erklärt. Inzwischen unterstützt ihn auch Martin Schmitt. „Es steht fest, dass sich etwas ändern muss und wir neue Impulse brauchen“, sagte der 24-Jährige gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa).

Der Machtkampf hinterlässt Spuren bei Reinhard Heß. „Eigentlich kann man so nicht aufhören und ich bin ja auch als Kämpfer bekannt“, sagte der 57-Jährige, „aber ich bin auch nicht Don Quichote und kämpfe gegen Windmühlen in meinem Umfeld.“ Eigentlich hatte er seinen Vertrag verlängern wollen, nun ist er sich darüber nicht mehr sicher. Bis zur Trainertagung Ende April möchte sich Heß entschieden haben. Im Umfeld sortieren sich nun die Anhänger des amtierenden Bundestrainers und diejenigen, die für einen Trainerwechsel plädieren. Der Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes hat bereits erklärt, dass er Heß am liebsten bis zu den Olympischen Spielen in Turin im Amt sehe. Thomas Pfüller sagte: „Reinhard Heß bleibt bis 2006, wenn er noch das Feuer hat.“

Das aber ist die Frage. Einige Vorwürfe an den amtierenden Bundestrainer lauten, dass sich Routine in die Arbeit eingeschlichen habe und der Teamgeist nicht mehr so wie früher vorhanden sei. Hinzu kommt Misserfolg. Lediglich Sven Hannawald fiel mit seinem zweiten Platz in der Weltcupgesamtwertung positiv auf. Michael Uhrmann landete im Weltcup zwar auf Rang 15, doch das täuscht über seine schwachen Leistungen zu Saisonende hinweg. Martin Schmitt kam nach seiner Knieoperation nie richtig in Form. Immer noch ist kein deutscher Nachwuchsspringer in Sicht, der neben Schmitt und Hannawald in die Weltspitze vorstoßen könnte. Bei der Weltmeisterschaft blieben die deutschen Skispringer ohne Medaille.

Wolfgang Steiert ist der Heimtrainer von Martin Schmitt und Sven Hannawald, sein Wort besitzt deshalb Gewicht. Einige DSV-Funktionäre sollen ihn unterstützen. Doch es gibt auch Stimmen, die gegen ihn sprechen. Die Zweiteilung in der Mannschaft zwischen den beiden Stars und dem Rest im Team wird ihm angelastet. Ein deutscher Springer, der ungenannt bleiben wollte, erklärte gegenüber dpa: „Das liegt an Wolfgang Steiert, der sich als Kotrainer nur um die beiden kümmert – wie kann er dann ein guter Bundestrainer sein?“

Reinhard Heß hat noch keine Entscheidung getroffen und fuhr nach dem Skifliegen in Planica mit seiner Frau zum Skifahren. Auch Sven Hannawald fährt in den Urlaub. Aus dem Konflikt um den Bundestrainerposten hält sich der beste Springer des deutschen Teams raus. „Ich hänge mich da nicht rein, jetzt freue ich mich erstmal auf zweieinhalb Wochen Urlaub in der Sonne.“ Auch eine Art mit einem Konflikt umzugehen.

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