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Kontaktpflege. Vor zwei Jahren verstand sich Bernie Ecclestone noch sehr gut mit Bahrains Kronprinz Scheich Salman bin Hammad. Foto: dpa

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Sport: Hin und her und vor und zurück

Im Gezerre um das Rennen in Bahrain machen die Formel 1 und vor allem Ecclestone eine schlechte Figur

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Berlin - Selten hat es in der Formel 1 so viel Ärger um ein Rennen gegeben, das noch gar nicht gefahren worden ist. Am Wochenende steht der Große Preis in Montreal an, aber die Welt der Kreisfahrer hält der Große Preis von Bahrain in Atem. Der Weltrat des Automobil-Weltverbands Fia hatte gerade beschlossen, den aufgrund der politischen Unruhen in dem Golfstaat abgesagten Saisonauftakt am 30. Oktober nachzuholen. Dafür sollte die Premiere des Rennens in Indien auf den 11. Dezember verschoben werden. Doch nun erklärt Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone auf einmal, man solle Bahrain lieber noch einmal verschieben, ganz auf das Saisonende, „und dann schauen wir mal, ob alles in Ordnung ist. Wenn ja, gehen wir hin – wenn nicht, dann eben nicht.“

Wie auch immer die Bahrain-Affäre ausgeht: Ecclestone macht darin genauso eine schlechte Figur wie Jean Todt. Der Fia-Präsident verweist auf den Bericht seines Sonderbeauftragten Carlos Gracia, der insgesamt „eine sehr stabile, eine sehr ruhige Situation vorgefunden“ habe, wie Todt der „BBC“ erklärte. „Wir wurden sogar von der Opposition gebeten, das Rennen zu veranstalten.“ Das verwundert, schließlich ist die komplette Oppositionsspitze verhaftet worden. Auch von Folterungen, Todesurteilen oder Warnungen von Menschenrechtsorganisationen scheinen weder Todt noch Gracia etwas mitbekommen zu haben. Geschweige denn davon, dass oppositionelle Gruppen ankündigten, die von den verhassten Herrschern ins Land geholte Formel 1 für einen „Tag des Zorns“ zu nutzen.

Noch unglücklicher sieht Ecclestone aus. Erst drückte sich der Formel-1-Boss ewig um eine Absage des Rennens zum Saisonauftakt, obwohl die Lage immer bedrohlicher wurde. Danach sagte er, in diesem Jahr werde auf keinen Fall mehr dort gefahren. Wenig später bei den Rennen in Monaco und Barcelona erklärte er dann, den Grand Prix von Bahrain in jedem Fall noch in diesem Jahr austragen und die Antrittsgage von mehr als 25 Millionen Dollar kassieren zu wollen. Und nun, nach dem heftigen Gegenwind, will er sich daran nicht mehr erinnern können.

Der 80-Jährige streute in seinen englischen Haus- und Hofpostillen die verwegene Version, er sei von Anfang an gegen die Neuansetzung gewesen, habe sich dann bei der Fia-Weltratssitzung letzten Freitag der Stimme enthalten und die Teams danach per Brief aufgefordert, sich gegen den Beschluss zu stellen. Nun plane er eine neue Faxabstimmung des Weltrats, um das Rennen wieder zu kippen.

Dabei ist das plötzliche Umschwenken von Ecclestone wohl vor allem der Tatsache geschuldet, dass er es sich derzeit nicht leisten kann, die Teams noch mehr gegen sich aufzubringen. Angesichts der Verkaufsgerüchte rund um die Formel 1 läuft er ohnehin Gefahr, seine Macht zu verlieren. Seit Langem kritisieren die Rennställe hinter den Kulissen Ecclestones Geschäftsgebahren und gehen nun offen in die Konfrontation. Bei einem Treffen in Stuttgart vor ein paar Wochen erörterten sie mögliche Nachfolgeregelungen.

Auch in der Bahrain-Frage waren die Rennställe von Anfang an gegen Ecclestones Plan einer Neuansetzung und gegen eine Verlängerung der Saison. Einerseits aus organisatorischen und logistischen Gründen. „Das alles kann man unseren Mitarbeitern, die schließlich auch Familie haben, inzwischen nicht mehr zumuten“, wie etwa Mercedes-Teamchef Ross Brawn mehr als einmal deutlich machte. Bei einem Antreten in Bahrain sehen zumindest Mercedes, Renault und einige Sponsoren überdies einen Schaden für ihr Image auf sich zukommen.

Weil der britische Sportminister eine Warnung aussprach und wohl auch einige Versicherungen den Teams klarmachten, dass es auf diesem Gebiet Probleme geben könne, begehrte die Teamvereinigung Fota nun auf. Selbst einige Fahrer wagten es, ihre Meinung zu sagen, allen voran Mark Webber. Der Teamkollege von Weltmeister Sebastian Vettel stellte fest, „dass es in der gegenwärtigen Situation einfach nicht geht, jetzt dort sein Rennen zu fahren und damit so zu tun, als sei wieder alles in Ordnung“. Der Rest der Piloten zeigte sich zumindest um die eigene Sicherheit besorgt.

Jean Todt erinnerte sie daran, dass „sie alle eine Vereinbarung unterschrieben haben, wonach sie an allen Rennen teilnehmen müssen“. Das werden laut Todt übrigens auch in der kommenden Saison 20 sein, obwohl 21 Termine im Kalender stehen. Sport solle sich nicht in Politik einmischen, sagte der Fia-Präsident. „Sport sollte eine Medizin sein, die die Menschen dazu bringt, für den guten Zweck und gute Werte zusammenzuarbeiten.“

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