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Was geht in seinem Kopf vor? Trainer Markus Babbel lässt bei Hertha Fans und Verantwortliche weiterhin im Unklaren darüber, ob er in Berlin bleiben will. Foto: dapd

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Sport: Hinhalten geht nicht mehr

Hertha erwartet von Trainer Babbel eine Entscheidung zum Rückrundenstart.

Berlin - Wenn es Markus Babbel am Montagabend um größtmögliche Unauffälligkeit gegangen sein sollte, dann hat der Trainer von Hertha BSC sein Ziel auf beeindruckende Weise erreicht. Babbel blieb bei der Mitgliederversammlung des Berliner Fußball-Bundesligisten so unauffällig, dass selbst sein vorzeitiges Verschwinden unbemerkt blieb. Die Veranstaltung näherte sich bereits ihrem Ende, als beim Tagesordnungspunkt Aussprache ein weibliches Mitglied ans Mikrofon im ICC trat und die Frage stellte, ob der Trainer denn nicht auch mal was zu der ganzen Angelegenheit sagen wolle, die doch vor allem ihn betrifft. Markus Babbel befand sich zu diesem Zeitpunkt schon seit zwei Stunden nicht mehr im Saal.

Um kurz vor acht hatte Herthas Präsident Werner Gegenbauer der Mannschaft das Kommando erteilt, die Versammlung zu verlassen. Die Spieler erhoben sich von ihren Plätzen am Rande des Saals und verschwanden wortlos. Es war ein skurriler Moment, dessen ganze Skurrilität sich dem Publikum allerdings erst mit leichter Verzögerung erschloss. Und der Trainer?, fragten sich die Mitglieder. Da war Babbel schon weg, hatte kein Wort gesagt – und war bis dahin mit keinem Wort erwähnt worden.

Dass Babbel nichts sagte, sagte vielleicht mehr als alles, was er an diesem Abend hätte sagen können. Herthas Trainer will sich zu der Frage, ob er seinen auslaufenden Vertrag verlängert, erst wieder äußern, wenn eine Entscheidung gefallen ist. Er hätte doch sowieso nichts Neues sagen können, erklärte Babbel am Tag danach. Und trotzdem hätte er kein Problem damit gehabt, aufs Podium zu treten. Das Präsidium habe jedoch entschieden, dass es keinen Auftritt von Mannschaft und Trainer geben solle.

Babbel äußerte am nächsten Morgen sein Unverständnis über die allgemeine Aufregung, „ich finde es langsam lächerlich“, sagte er. Den Anhängern des Vereins aber ist immer weniger nach Lachen zumute. Babbels abwartende Haltung stößt mehr und mehr auf Verwunderung, gar Ablehnung. „Entweder man bekennt sich zu Hertha, oder man bekennt sich nicht“, sagte ein Mitglied im ICC. Das Zögern wird Babbel immer mehr als Bekenntnis gegen Hertha ausgelegt. Es geht in der Angelegenheit ja nicht um Details wie die Vertragslaufzeit oder das Gehalt. Es geht immer noch um die Grundsatzfrage, ob Babbel überhaupt bei Hertha weitermachen will. Er habe einfach noch keine Zeit gefunden, sich damit zu beschäftigen, sagt Herthas Trainer, schließlich wolle er die Entscheidung in aller Ruhe treffen.

Die Sache zieht sich inzwischen schon so sehr in die Länge, dass darüber spekuliert worden war, Manager Michael Preetz könnte bei der Mitgliederversammlung die Fortsetzung der Zusammenarbeit verkünden. Dieter Hoeneß, Preetz’ Vorgänger, hat die Veranstaltung gerne genutzt, um die kritische Masse mit der Vermeldung spektakulärer Personalien auf Linie zu bringen. Dass es diesmal nicht so kommen würde, war allerdings schon vorher klar. Babbel hatte am Tag zuvor erklärt, dass er keinen unterschriebenen Vertrag in der Tasche haben werde.

Beim Vortrag von Manager Preetz wurde schnell klar, dass sich daran über Nacht nichts geändert hatte. In seinem wortgetreu vom Blatt verlesenen Rechenschaftsbericht gab es keinen Platz für Überraschungen. Erst nachdem er fast eine Viertelstunde lang den bisherigen Verlauf der Saison rekapituliert hatte, sprach Preetz das Thema an, von dem er selbst sagte, „dass es die meisten interessiert“. Neues konnte er den Mitgliedern nicht verkünden. Er sprach von einem Überlegungsprozess, in dem sich Babbel noch befinde.

Herthas Manager ist der größte Leidtragende der ganzen Entwicklung. Babbel hat zwar verkündet, dass Hertha sein erster Ansprechpartner sei. Doch Preetz wird inzwischen weniger als Ansprechpartner wahrgenommen, sondern immer mehr als Hingehaltener, der nichts anderes tun kann, als zu warten, dass sich der gnädige Herr B. zu einer Entscheidung durchringt. Von der Frage, ob Babbel weitermacht, hängen nicht nur mittelfristige Entscheidungen wie die Kaderplanung für die kommende Saison ab. Sie hat auch Auswirkungen auf Herthas kurzfristigen Erfolg. Nur mal angenommen, Babbel erklärt tatsächlich seinen Abschied zum Sommer: Wäre es nicht fahrlässig, mit einem Trainer die Rückrunde zu bestreiten, von dem die Mannschaft weiß, dass er in einem halben Jahr nicht mehr da ist?

Markus Babbel hat immer wieder gesagt, dass er sich in Ruhe mit seiner Familie und seinem Kotrainer beraten werde und dass er sich für seine Entscheidung kein Zeitlimit setze. Diese Aussage gilt seit Montagabend nicht mehr. Michael Preetz versicherte den Mitgliedern, dass spätestens zum Rückrundenauftakt am 21. Januar eine Entscheidung gefallen sein werde. So oder so.

 Stefan Hermanns

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