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Peking 2008 - Britta Steffen und Franzi

© dpa

Hintergrund: Der Fernsehstreit um Britta Steffen

Fließt etwa weiterhin Geld für Interviews im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Und warum wollte Britta Steffen nicht zu "Waldi & Harry"? Frank Bachner hat nachgefragt.

Zuletzt waren die Überraschungs-Olympiasieger Jan Frodeno aus Saarbrücken (Triathlon) und Matthias Steiner aus Chemnitz (Gewichtheben) in der ARD-Sendung "Waldi und Harry". Es gab viel Applaus für die Sieger, dann plauderten Waldemar Hartmann und Harald Schmidt entspannt mit den Gästen.

Am Sonntagabend hätten sie das auch gerne mit der Doppel-Olympiasiegerin im Schwimmen, Britta Steffen aus Berlin, getan. Die aber tauchte nicht auf, und das löste einige Diskussionen aus. Bei der ARD war man sauer. Werner Rabe, der Sportchef des Bayerischen Rundfunks (BR), wird in "Bild" zitiert: "Wir wurden von der Managerin immer wieder vertröstet. Es gab keine Zusage, aber es sah sehr gut aus, dass sie kommt." Sie, Britta Steffen.

Merkwürdiger aber klang ein zweites Zitat von Rabe: "Wir zahlen schließlich Geld, eine Pauschale, für Interviews während Olympia." Die ARD zahlt Geld? An wen? Und weshalb überhaupt? Liegt hier etwa ein zweiter Fall ARD/Team Telekom vor? Damals hatte die ARD, als sie noch Vertragspartner des deutschen Rad-Stalls war, für Interviews mit Telekom-Star Jan Ullrich Geld bezahlt; das kam allerdings erst mit Verzögerung heraus und wurde massiv kritisiert. Schließlich geht es um die Unabhängigkeit des Journalismus.

"Der Kollege war nicht richtig informiert"

An den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) fließt kein Geld, das erklärt DOSB-Pressesprecher Gerd Graus. „Es gibt keinen entsprechenden Vertrag. Es gibt auch keine irgendwie geartete Verpflichtung des DOSB gegenüber dem Fernsehen." Alles ein Missverständnis, teilt auch Iris Bents, Pressesprecherin des Norddeutschen Rundfunks (NDR), mit. Der NDR koordiniert die Olympiaberichterstattung der ARD. „Der Kollege Werner Rabe war in diesem Fall nicht richtig informiert. ARD und ZDF zahlen in Peking kein Geld für Sportlerinterviews."

Regine Eichhorn, die Managerin von Britta Steffen, liefert eine Erklärung dafür, wie plötzlich das Stichwort "Pauschale" in die Diskussion kam. Es habe am Sonntag von der ARD nach dem zweiten Olympiasieg von Britta Steffen, über 50 Meter Freistil, viele Anfragen gegeben. Steffen möge doch bitte unbedingt zu "Waldi und Harry" in die Sendung kommen. Irgendwann mal habe ein ARD-Mitarbeiter gesagt: "Wenn es um eine finanzielle Entschädigung gehen sollte - wir können auch eine Pauschale zahlen." Damit war das ominöse Wort plötzlich im Raum. Möglicherweise, sagt Regine Eichhorn, habe der Mitarbeiter auf eigene Faust, ohne offizielle Erlaubnis, diese Pauschale ins Gespräch gebracht.

"Um Geld geht es uns doch gar nicht"

Für die Managerin spielt das keine große Rolle, sie hatte gleich gesagt: "Um Geld geht es doch gar nicht". Britta Steffen sei körperlich einfach kaputt gewesen, das sei der Grund dafür gewesen, dass sie nicht ins Studio gekommen sei. "Die Sendung wurde sehr spät aufgezeichnet, Britta ist aber schon um vier Uhr aufgestanden. Sie hatte mehrere Stunden lang Interviews gegeben, sie wollte jetzt einfach zu ihren Teamkolleginnen. Sie wollte zu ihnen, weil die sich die ganze Zeit so toll um sie gekümmert haben." Regine Eichhorn hatte schon Franziska van Almsick gemanagt, sie hat viel Erfahrung im Umgang mit Medien, sie hat vor allem aber auch viel Einfühlungsvermögen und kennt Grenzen. "Ich hätte mir mehr Verständnis für die Sportler gewünscht", sagt sie.

Werner Rabe, der BR-Sportchef, wird in "Bild" zitiert: "Die Schwimmer beklagen sich immer, dass sie zu wenig Fernsehzeiten hätten. Britta Steffen wäre zur Prime time in Deutschland im Fernsehen gewesen." Die Managerin hat dafür kein Verständnis. "Britta hat sich bestimmt nie darüber beklagt, dass sie zu wenig Fernsehzeit hat." In der Tat, Britta Steffen war nach ihren Erfolgen permanent auf dem Bildschirm zu sehen, zig-mal wurden ihre Rennen, ihr Jubel und ihre Tränen ausgestrahlt. "Sie hätte bei Waldi und Harry ja ohnehin nichts Neues erzählen können. Sie hatte doch schon alles gesagt", erklärt Regine Eichhorn.

Permanente Anrufe bei der Managerin

Und aus ihrer Sicht hatte es auch nie eine Fast-Zusage gegeben. ARD-Mitarbeiter hätten nach dem zweiten Olympiasieg permanent angerufen, aber sie habe immer geantwortet: "Ich kann noch nichts sagen, ich habe Britta noch nicht gesehen. Entweder war sie bei einer Pressekonferenz, oder sie war bei der Dopingkontrolle."

Außerdem sei sie von Anfragen aller Medien überschüttet worden. "Die Leute in der ARD waren ständig auf dem Laufenden, wie gerade der Sachstand war." Keinesfalls habe sie Erwartungen geschürt, dass Steffen ins Studio kommen würde. Schließlich habe sogar noch DOSB-Generaldirektor Michael Vesper angerufen und gefragt, ob Steffen nicht doch ins Studio kommen könne. Nein, konnte sie nicht.

"Als kleine Gegenleistung helfen wir"

Eichhorn wundert sich sowieso, dass sich der hohe DOSB-Funktionär eingeschaltet hat. Aber so überraschend ist das nicht. Eine gewisse Zusammenarbeit zwischen DOSB sowie ARD und ZDF gibt es in Peking, bestätigt Gerd Graus, der DOSB-Pressesprecher. Allerdings eine inoffizielle. "ARD und ZDF stellen uns für unsere Pressekonferenz die technische Ausstattung zur Verfügung, weil diese Ausstattung ja sowieso aufgebaut ist."

Das Deutsche Haus, das Studio von "Waldi und Harry" sowie der Raum der DOSB-Pressekonferenz sind unter einem Dach. "Als kleine Gegenleistung helfen wir dabei, dass Sportler zu ARD- und ZDF-Sendungen gehen, zum Beispiel ins 'Morgenmagazin'", sagt Graus. In aller Regel klappt das ja auch. Im Fall Steffen klappte es nicht. Aber wirklich schlimm kann das nicht gewesen sein. Wer sich für die Schwimmerin aus Berlin interessierte, der wurde auch ohne die Comedysendung bestens bedient.

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