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Peking 2008 - Leichtathletik

© dpa

Hintergrund: Weltrekord mit offenen Schnürsenkeln

Mit Bolts überlegenem Triumph hat eine neue Dopingdebatte begonnen. Der Jamaikaner hat sie mit der Art seines Sieges unfreiwillig in Gang gesetzt, weil die ähnlich überlegene Sprinter in der Vergangenheit meist des Dopings überführt wurden.

Dass in diesem Rennen etwas nicht stimmte, kam erst später heraus. Es gab eine Stolperfalle für den überlegenen Sieger des 100-Meter-Finales, für den Jamaikaner Usain Bolt. Sein Schnürsenkel war offen. Was er so lässig mit dem Weltrekord zu Ende brachte, hätte also auch ganz anders ausgehen können.

Zu Fall bringen könnte Bolt jetzt höchstens noch ein positiver Dopingtest. Als Bolt ins Ziel lief, begann jedenfalls die neue Dopingdebatte, und der Jamaikaner hatte sie mit der Art und Weise seines Triumphes unfreiwillig angeheizt. Er hängte auf den letzten Metern das ganze Feld ab und trudelte dann mit Siegerpose über die Linie. „Als ich gesehen habe, wie er schon gebremst hat, habe ich mich immer noch Richtung Ziel gezogen", sagte der Zweitplatzierte Richard Thompson aus Trinidad und Tobago. Ein Finale mit diesem Vorsprung gab es beispielsweise mit Beteiligung des gedopten Ben Johnson 1988 in Seoul. Und bei den Frauen, als Marion Jones 2000 in Sydney gewann. Auch sie hatte sich mit verbotenen Substanzen Beine gemacht.

Kann Bolt ohne Doping tatsächlich schneller laufen als Ben Johnson und einige andere nach ihm mit Doping gelaufen sind?

Schon vor dem Start hatte Bolt allerhand Faxen gemacht und ein bisschen getanzt, als könne er es gar nicht erwarten, Richtung Ziel zu sprinten, so wie jemand auf die Tanzfläche stürmt, wenn gerade sein Lieblingslied gespielt wird. Er wollte auch hinterher erklären, dass seine Lockerheit in Kopf und Körper ein Grund für seinen Sieg waren. „Ich bin einfach entspannt geblieben und habe mein Rennen durchgeführt."

Doch auch er weiß sicher um die dunkle Tradition seiner Disziplin, dass in den vergangenen Jahrzehnten im Grunde nur ein Olympiasieger weitgehend unverdächtig blieb, der Kanadier Donovan Bailey. Auch er wurde übrigens auf Jamaika geboren, genauso wie Ben Johnson und genauso wie Linford Christie, der später für Großbritannien startete, aber ebenfalls mit Dopingmitteln erwischt wurde.

Der jamaikanische Mannschaftsarzt Herb Elliott fing nach dem Rennen an zu weinen, weil er so gerührt sei von Bolts Erfolg. „Er ist allein in Peking schon sechs mal getestet worden", sagte er auf die Frage nach Dopingkontrollen. Kontrollen rund um den Wettkampf sind jedoch meist bei gedopten Athleten erfolglos, weil sie ihre Mittel schon in der Trainingsphase genommen und wieder abgesetzt haben. Außerdem sind einige Dopingsubstanzen und -methoden im Umlauf, die schwer bis gar nicht nachweisbar sind.

Bolt gilt als Läufer einer neuen Generation, nicht mehr klein bis mittelgroß und muskelbepackt, sondern hoch aufgeschossen und so athletisch, als könne er auch erfolgreich in einem Zehnkampf teilnehmen. 1,96 Meter ist Bolt groß. Daraus ergibt sich auch eine andere Lauftechnik. Ob und wie viel schneller Bolt mit seiner Technik laufen kann, müsste wohl erst noch wissenschaftlich untersucht werden.

An einem kann es jedenfalls nicht liegen: an Bolts Ernährung. „Als ich am Tag des Finales um elf Uhr aufgestanden bin, habe ich erst einmal ein paar Nuggets gegessen. Dann habe ich mich noch mal drei Stunden schlafen gelegt und noch ein paar Nuggets gegessen", erzählte er und aß dabei einen Schokoriegel.

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