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Hockenheim: Es geht voran – aber nur emotional

Hockenheim macht mit der Formel 1 Verluste. Während einst 100.000 Besucher zu den Schumacher-Festspielen pilgerten, wurden für das Rennen in diesem Jahr trotz umfangreicher Preisrabatte gerade einmal 70.000 erwartet.

Walter Kafitz ist ein Vorzeigefan. Er ist stundenlang gefahren, um zum Hockenheimring zu kommen: „Ich brauche die Formel 1, sonst kriege ich Entzugserscheinungen.“ Um die Verluste aus dem Geschäft mit Formel-1-Rennen zu minimieren, wechseln sich die beiden deutschen Kurse in Hockenheim und am Nürburgring seit vergangenem Jahr mit der Veranstaltung des deutschen Grand Prix ab. Dieses Jahr ist Hockenheim dran, also muss Formel-1-Fan Kafitz aus der Eifel anreisen. Aber er hat für seine Karte nicht bezahlt. Der Geschäftsführer des Nürburgrings ist selbstverständlich Ehrengast.

Bei vielen seiner Landsleute sieht es mit der Opferbereitschaft aber weit schlechter aus, seit Michael Schumacher nur als wortkarger Ferrari-Berater durch das Fahrerlager stapft. „Wir geben alles, um das Formel-1-Interesse in Deutschland wieder aufleben zu lassen“, sagte Nico Rosberg, einer der fünf deutschen Fahrer. Doch er selbst konnte beim Qualifikationstraining nur wenig dazu beitragen und landete auf Rang 13, direkt hinter Nick Heidfeld im BMW und Timo Glock (Toyota) auf Platz 11. Adrian Sutil wurde im Force India Vorletzter. Bester Deutscher war Toro-Rosso-Pilot Sebastian Vettel als Neunter – die Poleposition holte Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes.

Während in Hockenheim einst 100 000 Besucher zu den Schumacher-Festspielen pilgerten, werden für das Rennen heute (14 Uhr/live bei RTL und Premiere) trotz umfangreicher Preisrabatte gerade einmal 70 000 erwartet. „Dabei zählt jeder Zuschauer“, sagt Jorn Teske. „Diese Einnahmen sind der wichtigste Faktor.“ Von den Werbe- und Fernsehmillionen sieht der Marketingleiter des Hockenheimrings nichts – die streicht Formel-1-Imperator Bernie Ecclestone ein, während er zudem Jahr für Jahr die Gebühren für seinen Wanderzirkus erhöht. Angeblich drei Millionen Euro Verlust bedeutet jeder Grand Prix für die Streckenbetreiber in Hockenheim. Da ist es nur verständlich, dass die Formel 1 nun offensichtlich auf Vor- und Nachteile abgeklopft wird. „Wir müssen uns den nüchternen Zahlen stellen“, sagte Dieter Gummer, Chef der Hockenheimring GmbH, dem „Handelsblatt“. Teske pflichtet ihm bei: „Der Hockenheimring ist wirtschaftlich in allen Bereichen gesund – außer bei der Formel 1.“ Immerhin hat BMW-Teamchef Mario Theissen angekündigt, man werde sich „für den Erhalt des deutschen Grand Prix stark machen“. Neue Märkte seien wichtig, „aber auch die Tradition, die die Formel 1 groß gemacht hat.“ Sein Mercedes-Kollege Norbert Haug ist sich sicher: „Deutschland wird immer einen Grand Prix haben, alles andere ist unvorstellbar.“

Dennoch ist die Zukunft des deutschen Grand Prix über 2010 hinaus noch nicht geklärt. Jorn Teske registriert zumindest einen „Aufschwung auf emotionaler Ebene.“ Aber er sagt auch: „Wie es wirklich aussieht, wissen wir erst Mitte nächste Woche. Dann sind die Zahlen da.“

Christian Hönicke[Hockenheim]

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