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© AFP

Hockey: Im deutschen Tor: Der Olympia-Held aus der Zweiten Liga

Selbst für Experten überraschend rückte Keeper Max Weinhold vor Olympia ins Hockey-Team – er spielte bei Köln in der Zweiten Liga. Jetzt ist er die Stütze der Mannschaft.

Der Bauch von Markus Weise ist so etwas wie das Orakel der deutschen Hockey-Mannschaft. Vor den Olympischen Spielen habe sein Bauch ihm gesagt, „dass wir sehr erfolgreich sein werden“. Deutschlands Männer stehen am heutigen Samstag im Finale gegen Spanien. So weit ist das Team auch gekommen, weil Weises Bauch in einer anderen Frage ebenfalls richtig gelegen hat: Überraschend hatte der Bundestrainer den international unerfahrenen Torwart Max Weinhold für die Olympischen Spiele nominiert, anstelle des etablierten Ulrich Bubolz. Bei der Entscheidung sei das „Bauchgefühl“ ausschlaggebend gewesen, erklärte Weise später. Selbst die Nationalspieler waren zunächst irritiert. „Ein paar hatten ihre Zweifel“, sagte Mittelfeldspieler Tibor Weißenborn gestern. „Markus ist ein hohes Risiko eingegangen – und hat gewonnen.“ (Ein ausführliches Interview finden Sie hier.) Weinhold nämlich war der Held im Halbfinale. Der 26-Jährige parierte am Donnerstag drei Siebenmeter der Holländer.

Max Weinhold, das war vor den Olympischen Spielen noch ein Torwart ohne nennenswerte internationale Erfahrung, sehr talentiert zwar, aber eben auch mit dem Ruf, „nicht unbedingt fleißig beim Training zu sein“, wie es Kotrainer Stefan Kermas formuliert. Das Trainerteam hatte sich für die Entscheidung sehr viel Zeit genommen. „Nach der Nominierung haben wir Trainer viele böse E-Mails und SMS aus der Hockeyszene bekommen“, sagt Kermas. Immerhin spielte Weinhold bei Rot-Weiss Köln nur in der zweiten Bundesliga. Der Druck auf den Torwart war deshalb besonders hoch. Aber es sei gerade die Stärke von Weinhold, andere Dinge auszublenden und sich auf das Spiel zu konzentrieren, erzählt Kermas, der früher selbst einmal Torwart beim Berliner HC war. „Außerdem ist er für seine Größe sehr beweglich, was sich im Siebenmeterschießen gegen Holland ja auch ausgezahlt hat“, sagt Kermas. Der 1,96 Meter große Weinhold wollte seine Leistung im Halbfinale nicht überbewerten. „Ich habe einfach Glück gehabt“, sagte er. Seine Teamkollegen beschreiben Weinhold als entspannten Typ, „der aber auch ein bisschen verrückt ist und zum Beispiel in Gesprächen gerne Kontra gibt“ (Kermas).

Für das Finale hofft Bundestrainer Markus Weise wieder auf einen ähnlich starken Auftritt seines Torhüters wie gegen Holland. Auch wenn Weise nicht müde wird zu betonen, dass er schon jetzt stolz auf die Leistung seiner Mannschaft sei und das wichtiger wäre als die zweite Goldmedaille. Weise hat nämlich die Chance, als erster Trainer in Deutschland hintereinander zuerst die Frauen und dann die Männer einer Sportart zum Olympiasieg führen, 2004 hatte er mit den Frauen in Athen triumphiert. Trotz seines Erfolges in Griechenland war Weise Ende 2006 mit einer Hypothek als Männer-Trainer gestartet: der Nachfolge von Bernhard Peters. Peters führte Deutschland 2002 zum ersten Weltmeistertitel in der Geschichte des Hockey-Bundes, 2006 verteidigte er den Titel in Deutschland. Der charismatische Peters galt als der Hockey-Trainer. Mit der überraschenden Entscheidung für Weinhold und gegen den von Peters bei der WM 2006 aufgebauten Ulrich Bubolz hat Weise Mut gezeigt und ist endgültig aus dem Schatten von Peters getreten. Denn ausgerechnet Weinhold hat Weise ins Olympia-Finale gebracht – dorthin hatte es Peters nicht geschafft.

Im Finale wollen die Deutschen von der Freude und den positiven Emotionen aus dem gewonnen Halbfinale gegen Holland zehren. „Wir sind euphorisiert“, sagt Tibor Weißenborn. In der Vorrunde hatten die Deutschen Spanien 1:0 besiegt, ebenfalls in einem entscheidenden Spiel. Deutschland hätte das Weiterkommen bei einer Niederlage im letzten Vorrundenspiel gegen Neuseeland nicht mehr in der eigenen Hand gehabt. „Das Finale ist jetzt schon unser viertes entscheidendes Spiel, das wir auf keinen Fall verlieren dürfen, das ist enorm anstrengend für den Kopf und auch für die Beine“, sagt Weißenborn. Deshalb freut sich der gebürtige Berliner schon auf das Ende des Turniers.

Für das Spiel gegen Spanien will Bundestrainer Weise nicht viel anders machen als in der Vorrunde. Jan-Marco Montag wird wieder für Oliver Korn spielen, der schon im Halbfinale wegen eines Infektes ausgefallen war. „Da geht es jetzt mehr um Details“, sagt Weise. Er sollte einfach seinem Bauchgefühl vertrauen.

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