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Da geht's lang. Die Hockey-Damen von Bundestrainer Xavier Reckinger wollen sich bei der WM in England teuer verkaufen.

© dpa

Hockey-WM der Frauen in England: Auf Kollateralschaden soll jetzt der große Coup folgen

Nach zuletzt schwachen Ergebnissen trauen sich die Hockey-Frauen bei der Weltmeisterschaft in England einiges zu. Und stehen doch gleich unter Druck.

Jan Neusiedl, der Bürgermeister von Grünwald in der Nähe von München, hat vorige Woche eine historische Analogie bemüht. Wenige Tage vor Beginn der Hockey-Weltmeisterschaft in London hat die deutsche Frauen-Nationalmannschaft in seiner Gemeinde ein Vier-Nationen- Turnier ausgetragen. „Das deutsche Damen-Hockeyteam soll den Erfolg haben, den auch die Fußball-Nationalmannschaften von 1954 und 1974 mitgenommen haben“, sagte Neusiedl. Die deutschen Fußballer sind bekanntlich beide Male Weltmeister geworden – jeweils nachdem sie ihr Trainingslager in der Sportschule Grünwald abgehalten hatten.

Für die Hockeyspielerinnen ist es in Grünwald allerdings nicht so gut gelaufen, dass sie in London als große Titelfavoriten an den Start gehen. Sie belegten bei ihrem Turnier den letzten Platz – nach drei Niederlagen gegen Argentinien (2:3), Neuseeland (1:2) und Holland (0:4). Trotzdem sagt Heino Knuf, der Sportdirektor des Deutschen Hockey-Bundes (DHB): „Die Spiele waren – mit Ausnahme der zweiten Hälfte gegen die Niederlande – repräsentativ für die positive Entwicklung der Mannschaft.“ Außerdem sei es optimal, in der unmittelbaren Vorbereitung auf die WM gegen solch starke Gegner zu spielen.

Resultate sagen nichts über Leistungsstärke aus

Negative Ergebnisse sind als Kollateralschaden gewissermaßen eingepreist. Aus den bloßen Resultaten lässt sich nicht zwingend auf die Leistungsstärke der Mannschaft bei der WM schließen, man sollte sie im Negativen ebenso wenig überbewerten wie im Positiven. Als die Deutschen Anfang des Monats den Olympiasieger und WM-Gastgeber England gleich zweimal besiegen konnten, war das für Bundestrainer Xavier Reckinger auch noch lange kein Grund, gleich auszuflippen – weil er den Eindruck hatte, dass die Engländerinnen in diesem Moment der Vorbereitung total müde und auf einem ganz anderen Fitnesslevel waren als sein eigenes Team.

Reckinger hatte seine Spielerinnen erst Mitte Juni zur Verfügung. „Wir haben durch die vielen Bundesligatermine in Halle und Feld die kürzeste Vorbereitung aller Nationen“, sagt der Belgier, der die Nationalmannschaft seit Ende des vergangenen Jahres betreut. „Viele kleinere Länder trainieren mit ihren Teams schon seit über einem halben Jahr zentral. Das geht bei uns nicht.“ Trotzdem traut DHB- Sportdirektor Knuf dem Team in London den Einzug ins Viertel- oder sogar Halbfinale zu.

Mannschaft ist homogener als in vergangenen Jahren

Die Mannschaft, in der noch zehn Bronzemedaillengewinner von Rio 2016 stehen, ist homogener als in den vergangenen Jahren; neben erfahrenen Spielerinnen wie Janne Müller-Wielandt, Jana Teschke oder Franciska Hauke gibt es aber auch viele herausragende Talente. Als das größte Problem hat sich in der Vorbereitung die Chancenverwertung erwiesen. Das Team ist durchaus in der Lage, schnell nach vorne zu spielen, auch individualtechnisch gut, aber beim letzten Pass und beim Torschuss hat es zuletzt gehapert. Reckinger hat das „Verhalten im Kreis und das Bewusstsein, mit den eigenen Fähigkeiten effektiv umzugehen“ bemängelt.

Viel Zeit, das Problem zu beheben, wird bei der WM nicht bleiben. Die Deutschen eröffnen an diesem Samstag gegen Südafrika das Turnier – und diese Begegnung ist für sie schon eine Art K.o.-Spiel. Das hängt vor allem mit dem neuen Modus zusammen, der eigentlich keine Ausrutscher mehr erlaubt. Statt zwölf Mannschaften nehmen erstmals sechzehn teil. Sie spielen nicht mehr in zwei Sechsergruppen, sondern in vier Vierergruppen. Der Erste ist direkt fürs Viertelfinale qualifiziert. Der Zweite muss gegen den Dritten einer anderen Gruppe noch eine Art vorgeschaltetes Achtelfinale bestreiten.

Favorit auf den Gruppensieg sind die Deutschen nicht. Das sind eher die Argentinierinnen.

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