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Sport: Hohe Sprünge statt kleiner Stürze

Eisschnelllauf-Weltmeisterin Martina Sablikova will nicht mehr auf einem zugefrorenen See trainieren

Berlin – Martina Sablikova hat natürlich nicht jeden einzelnen gezählt, sie schätzt jetzt bloß. „500 waren da“, sagt sie, „ja, ungefähr 500.“ Um die hatte sie sich Sorgen gemacht. „Man weiß ja nicht, was passiert“, sagt sie und zieht die Augenbrauen in die Höhe. Im schlimmsten Fall wären sie eingebrochen, die 500 Zuschauer. In die Löcher, die ihr Gewicht ins Eis gerissen hätten, irgendwo draußen auf diesem zugefrorenen See im Riesengebirge. 500 Zuschauer bei diesen nationalen Eisschnelllauf-Meisterschaften im Winter 2007, das hatten sie noch nie in Tschechien.

Selbstverständlich kamen alle wegen Sablikova. Die ist seit März 2007 Weltmeisterin über 3000 und 5000 Meter, sie ist überhaupt die erste tschechische Eisschnelllauf-Weltmeisterin. In der Mehrkampf-WM in Berlin ist sie derzeit auf dem siebten Platz.

Sablikova ist jetzt viel im Fernsehen und in den Zeitungen, sie hat schnell begriffen, was es heißt, populär zu sein. Man kann erfolgreich drohen, das heißt es. Also droht eine 20-jährige, schmächtige Frau aus einem Nest im Riesengebirge, dass sie das Land verlassen werde. Wenn, und jetzt wird ihr Ton sehr drohend, wenn nicht bald eine Eisschnelllaufhalle in Tschechien gebaut wird. Die erste überhaupt, sollte man noch hinzufügen.

Bis jetzt trainiert Martina Sablikova im Winter zu Hause auf einem zugefrorenen See. Das Eis ist holprig, deshalb stolpert sie immer wieder und knallt hin. „Aber ich mache das seit zehn Jahren so“, sagt sie, „ich bin das gewohnt.“ Aber manchmal muss sie noch Schnee wegschieben, und da ist dann ihre Schmerzgrenze erreicht.

Im Land haben sie reagiert, Sablikova ist ja immerhin auch zu Tschechiens Sportlerin des Jahres 2007 gewählt worden. 40 Kilometer nördlich von Prag soll eine Halle für acht Eissportarten entstehen, ein zwölf Millionen teurer Komplex. „Aber wann er gebaut wird“, sagt Sablikova, „das weiß keiner.“ Sie ist natürlich längst auf andere Hallen ausgewichen, so viel Talent hat nicht mal Sablikova, dass sie mit Dauertraining auf einem zugefrorenem See Doppel-Weltmeisterin würde. Sie trainiert in Berlin und in Erfurt, sie war als 15-Jährige mal in Inzell, sie war im vergangenen Jahr drei Monate in den USA. Aber sie kommt immer wieder mal nach Hause, und dann geht es mit ihrem Trainer Petr Novak raus auf den See.

Früher war sie mal Roll-Kunstläuferin, damals empfahl ihr der Trainer den Umstieg auf den Eisschnelllauf und schleppte sie gleich zum Training nach Berlin. Damals zahlten ihre Eltern solche Trainingscamps. Seit Sablikova bekannt ist, hat sie einen Boom ausgelöst, jetzt wollen immer mehr Kinder Eisschnellläufer werden. Nur stoßen sie auf die gleichen Probleme wie Sablikova. Nicht mal vernünftiges Shorttrack-Training ist möglich, weil die besten Trainingszeiten in den Eishallen von den Eishockeyteams belegt sind. Wenigstens hat Sablikova jetzt Sponsoren, die Trainingscamps finanzieren.Und in Berlin ist sie besonders gern, besonders wenn auch Claudia Pechstein in der Halle ist, die fünfmalige Olympiasiegerin.

„Claudia ist mein Idol“, sagt Sablikova und man könnte glauben, dass ihre Augen dabei glänzen. Ihr Trainer Novak hatte irgendwann Pechsteins Trainer Joachim Franke gefragt, ob Sablikova mit dem deutschen Star mittrainieren darf. 15 Runden lang fuhr dann die Tschechin hinter der Deutschen, eine einmalige Geschichte. Aber Sablikova sagt: „Es war eine Ehre.“

Umgekehrt dürfte Pechsteins Wertschätzung für die Konkurrentin etwas nachgelassen haben. Als Sablikova Weltmeisterin über 5000 Meter wurde, verbesserte sie dabei gleich noch den Weltrekord – Pechsteins Weltrekord.

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