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Sport: Holland, hilf

Die deutschen Eischnellläufer wollen mit ausländischer Unterstützung aus dem Leistungstief kommen

Berlin. Anni Friesinger, Claudia Pechstein, Monique Garbrecht-Enfeldt, Gunda Niemann-Stirnemann – die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) hat viele Stars, die Namen der Frauen kennt jeder. Und die Männer? Christian Breuer, Jens Boden, Stefan Heythausen, Frank Dittrich – diese Namen kennen nur Experten. Niemann-Stirnemann hat für die heute und morgen im Sportforum Hohenschönhausen stattfindenden deutschen Mehrkampfmeisterschaften abgesagt, Garbrecht-Enfeldt läuft nach einer Verletzungspause wieder, Pechstein ist angeschlagen. Das sind die wichtigen Nachrichten, über die Männer ist nichts zu hören.

Bester deutscher Mann bei den bisherigen drei Weltcuprennen in dieser Saison war Frank Dittrich. Der Chemnitzer wurde Fünfter in Erfurt über 10 000 m und Siebenter in Heerenveen über 5000 m. Seine Rückstände auf den siegreichen Niederländer Bob de Jong: siebzehn und neun Sekunden. Dennoch kann man mit diesen Platzierungen zufrieden sein. Dittrich ist schon 36 Jahre alt und wollte Ende des letzten Winters eigentlich aufhören. Doch der Bankkaufmann und Vater zweier Kinder läuft weiter, weil er keine Vollzeitstelle gefunden hat.

Dass Dittrich trotz seines Alters noch immer der deutsche Vorläufer ist, „hängt damit zusammen, dass hier zu Lande eine ganze Generation fehlt. Das sind die 27- bis 32-Jährigen, die jetzt im Zenit stehen müssten", sagt der niederländische Trainer Jan Coopmans. Er zählt die Berliner Michael Spielmann, Oliver Arlt und andere auf, „die aus unterschiedlichen Gründen zu früh aufgehört haben“. Immer wieder kritisierten die Männer in den letzten Jahren, dass die erfolgreichen Frauen bei der Förderung Jahr für Jahr bevorzugt würden. So habe sich eine Spirale in Gang gesetzt, die zur Vergrößerung der Kluft zwischen Frauen und Männern führe. Doch der neue Trainer Coopmans will dieser verlorenen Generation, die angesichts der im Verband betriebenen Konzentration auf die Frauen resigniert hatte, nicht nachtrauern. Er setzt auf die Jugend. Hoffnungsträger wie der Inzeller Jan Friesinger, der Bruder der berühmten Anni, oder Stefan Heythausen aus Grefrath seien ja noch „in der U 23 startberechtigt. Denen muss man Zeit zur Reife gönnen“.

Dabei will Coopmans helfen. Der 47-Jährige betreute von 1999 bis 2002 die Trainingsgruppe um Christian Breuer, der im Vorjahr den Titel im Sprintmehrkampf gewann. Danach wurde Coopmans von der DESG angeheuert. Das gute Trainingsklima hat auch die beiden Berliner Tobias Schneider und Daniel Stahlkopf sowie den stärksten Belgier Andre Vreugdenhil nach Grefrath gezogen. Die Arbeit von Coopmans bringt neue Hoffnung auf den lange ersehnten Anschluss an die Weltelite. Coopmans unterstützt die Forderung des DESG-Cheftrainers Helmut Kraus, die stärksten Läufer räumlich zu konzentrieren. „Wir hatten vor zehn Jahren in Holland eine Nationalmannschaft mit fünf bis sechs Läufern. Die hatten die besten Bedingungen, Unterstützung für Trainingslager und eine ausgezeichnete Betreuung.“

Wegen der großen Entfernungen zwischen den Stützpunkten ist das in Deutschland aber nicht so einfach. „In Holland gibt es heute durch die Kommerzialisierung und Professionalisierung ein halbes Dutzend Trainingsgruppen auf Nationalmannschaftsniveau“, sagt Coopmans. Das erkläre, weshalb die holländischen Männer auf breiter Front das Geschehen dominieren. Und die Deutschen so weit zurückliegen. Die Zuschauer werden wohl noch einige Zeit wegen der Frauen zum Eisschnelllauf gehen. Im Sportforum können sie aber auch die Rennen der Männer ohne große Erwartungen verfolgen. Der Eintritt ist frei.

Ernst Podeswa

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