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Sport: Hoppegarten und die Bürokratie Vor dem heutigen Saisonstart gibt es Streit

Hoppegarten - Vier Jahre war es idyllisch in Hoppegarten. Besitzer haben ihre Pferde häufiger auf die Galopprennbahn geschickt.

Hoppegarten - Vier Jahre war es idyllisch in Hoppegarten. Besitzer haben ihre Pferde häufiger auf die Galopprennbahn geschickt. Immer mehr Zuschauer sind gekommen und haben von Jahr zu Jahr mehr gewettet. Und die Sponsoren haben sich stärker für die traditionsreichste deutsche Bahn interessiert. Die Mitglieder des Union-Klubs konnten in Ruhe ihre Anlage genießen. Doch diese Ruhe scheint vorerst gestört. Nicht, weil heute die grüne Saison in Hoppegarten beginnt – vielmehr, weil es zwei schlechte Nachrichten gibt. Präsident Peter Boenisch hat seinen Rücktritt erklärt und wird eine große Lücke hinterlassen. Denn der ehemalige Regierungssprecher hat mehr bewegt als seine Vorgänger in den Jahren nach der Wende. Boenisch hat die Bahn gerettet und mit seinen Kontakten einige große Sponsoren gefunden. Doch nach dem Tod seiner Frau vor einem Jahr war der Rückzug zugunsten seiner Kinder und seiner Gesundheit absehbar.

Noch ein Problem treibt Generalsekretär Hauke Wilkens und den Klubvorstand um. Die Haupttribüne muss dringend modernisiert werden. Weil sie baufällig ist und weil sich die Publikumswünsche verändert haben. Zuschauer kommen nicht mehr nur zum Wetten auf die Bahn. Für Familien ist es meist ein Wochenendausflug. Sie wollen unterhalten werden. Vor allem aber für die Sponsoren fehlt es an Attraktivität. „Mit Plastikstühlen kommt man gegen die Konkurrenz nicht an. Beim Fußball sind solche Logen auf 5-Sterne-Hotel-Niveau“, sagt Wilkens. Im August vorigen Jahres wurde ein Bauantrag gestellt. Die Baugenehmigung liegt seit Januar auf dem Bauamt. Doch es fehlt die Zustimmung des Bundesfinanzministeriums (BMF), damit die Treuhand-Nachfolgerin BVVG als Eigentümerin des Geländes Kapital in die Stiftung aus BVVG, Land, Gemeinde und Klub einbringen kann, die dann Bauherr wird. Sieben Millionen Euro soll der Hauptbau kosten. Alle warten nur auf das BMF. „Dort scheint für Galopprennen niemand zuständig zu sein“, sagt Wilkens. Wegen der Planungsunsicherheit hat ein Sponsor schon abgesagt.

Da hilft es Wilkens auch nicht, bei Sponsoren ebenso wie bei den Pferdebesitzern ständig die Stärken der Rennbahn aufzuzählen: Hoppegarten hat die wohl besten Trainingsmöglichkeiten in Deutschland, eine gute Verkehrsanbindung und einen hohen internationalen Bekanntheitsgrad. Zudem die Einzigartigkeit und die Größe der denkmalgeschützten Anlage, die in den Grundzügen seit 1922 kaum verändert wurde. Wilkens stockt, denn genau hier liegt auch das Problem. „Eine Fläche von 287 Hektar mit 47 Gebäuden erfordert aberwitzige Unterhaltskosten.“ In den letzten sieben Jahren haben die 200 Mitglieder des Union-Klubs 1,7 Millionen Euro aus eigener Tasche gespendet. Da es vom Land Brandenburg keinerlei Zuschüsse gibt, benötigt die Rennbahn neben den Wetteinnahmen in diesem Jahr rund eine Million Euro Sponsorengelder für die zehn Renntage.

Und weil Hoppegarten nicht rentabel werden kann, solange die Bürokratie den Umbau verhindert, fordert Wilkens mehr Unterstützung vom Land Brandenburg. „Das Land aber sagt: Ihr gehört dem Bund, der Bund sagt: Wir können Herrn Eichels Etat nicht belasten.“ Hintergrund des Streits ist ein Prozess von 1992 über die Eigentumsrechte an dem Gelände. Das Land hatte damals gegen den Bund verloren, das Gelände gehört seither der BVVG und ist an den Union-Klub verpachtet. „Wir werden seit 15 Jahren ständig hin und her geschoben. Dabei sind wir ein Stück Brandenburger Tradition und haben Unterstützung verdient“, sagt Wilkens. Er verweist auf das Landesgestüt Neustadt an der Dosse. Das erhält jährlich 1,4 Millionen Euro Zuschuss vom Land. „Dabei hängen in Hoppegarten mehr Arbeitsplätze an der Bahn als in Neustadt, und es fließt Geld von der Tagesbesuchern aus Berlin nach Brandenburg“, sagt Wilkens und fordert eine gerechte Aufteilung zwischen Hoppegarten und dem Landesgestüt. „Wenn das Land nicht hilft, dann müssen wir irgendwann zumachen.“ Wilkens ist verbittert.

Doch dann hellt sich seine Miene auf. Er muss schnell etwas für den Renntag erledigen. Denn laufen werden die Pferde heute trotz aller Probleme. Neun Rennen mit 95 Startern wird es ab 13 Uhr geben. Das wichtigste ist der „Hasseröder Sprint-Cup“ über 1000 Meter. Das mit 20000 Euro dotierte Kurzstreckenrennen wird über die so genannte Gerade Bahn gelaufen – auch eine Besonderheit, die Pferdefans in Deutschland nur in Hoppegarten erleben können.

Patrick Bauer, Ingo Wolff

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