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Sport: Hoyzers Redelust

Ex-Schiedsrichter referiert seine Manipulationen

Berlin - Um kurz vor zwei wird es heiter im Saal 500 des Kriminalgerichts Moabit. Eine Zuschauerin lacht, erst leise, dann ein bisschen lauter, und beim dritten Mal hat die Vorsitzende Richterin genug. Was denn hier so lustig sei, will die Richterin im Prozess um manipulierte Fußballspiele wissen, und die Frau im Zuschauerraum antwortet: „Ach, wissen Sie, manchmal ist es einfach zu komisch.“ Sie sei im Übrigen „die beste Freundin der Cousine von“, der Rest geht unter im allgemeinen Durcheinander. Danach wird die Dame aus dem Saal geleitet, Robert Hoyzer hat wieder das Wort.

Knapp vier Stunden referiert der geständige Schiedsrichter am Dienstag vor dem Landgericht Berlin über die von ihm manipulierten Fußballspiele. Das hat an den ersten drei Prozesstagen schon der mutmaßliche Wettmanipulator Ante S. getan, und es liegt in der Natur der Wiederholung, dass sich der Neuigkeitswert in Grenzen hielt. Es sind Nuancen, auf die Hoyzer Wert legt. Am Ende wird für sein Strafmaß von entscheidender Bedeutung sein, ob das Gericht seiner Version folgt – dass er wirklich nur der naive Junge war, der den Verführungen der kroatischen Brüder Ante, Filip und Milan S. erlag.

Robert Hoyzer fühlt sich zu Unrecht hingestellt als Angeber, der mit Geld nur so um sich geworfen habe. „Ich trage zum Beispiel nicht, wie behauptet, eine Breitling-Uhr, die mir Ante geschenkt hat“, sagt er. Es handele sich um ein erheblich billigeres Modell aus dem Hause Boss, „und ich habe mir die Uhr selbst gekauft“. Mit dem Geld von Ante S., was einem Geschenk dann wieder sehr nahe käme? Das ist vor Gericht nebensächlich.

So redet Hoyzer denn am fünften Verhandlungstag zur Sache. Er belastet er die Kroaten, den ebenfalls angeklagten Schiedsrichter Dominik Marks und den Spieler Steffen Karl. Dazu widmete er sich seinem ehemaligen Schiedsrichterkollegen Felix Zwayer, und das in bemerkenswerter Ausführlichkeit. Zwayer war es, der seinen Kollegen Lutz Michael Fröhlich, Olaf Blumenstein und Manuel Gräfe die ihm von Hoyzer angetragenen Manipulationsangebote meldete. Nach seiner Aussage entschlossen sich die vier Schiedsrichter, den Deutschen Fußball-Bund zu informieren. Ohne Zwayer wäre das Geflecht aus Spielmanipulation und Wettbetrug wohl kaum so schnell aufgeflogen. In einem Gespräch mit dem Tagesspiegel hatten Fröhlich, Blumenstein und Gräfe ihren Ex-Kollegen Hoyzer schon nach Bekanntwerden der Wettaffäre bezichtigt, dieser wolle sich nun an Zwayer für dessen Verrat rächen. Wer Hoyzer am Dienstag zuhörte, wird diese These für nicht ganz abwegig halten.

Dabei hätte Hoyzer diesen Part seiner Aussage beinahe verpasst. Nach der Schilderung seines ersten Manipulationsversuches im Regionalligaspiel zwischen Paderborn und Chemnitz (4:0) im Mai 2004 wollte der Schiedsrichter gerade zum zweiten Spiel übergehen, da unterbrach ihn sein Anwalt Thomas Hermes via Mikrofon: „Können Sie bitte auch zu Herrn Zwayer Stellung nehmen!“ Das tut Hoyzer nur zu gern. Schon nach dem Spiel in Paderborn will er Zwayer eingeweiht haben. Und das, obwohl der Manipulationsversuch misslungen war und er das Bestechungsgeld von 8000 Euro an Ante S. zurückzahlen musste. Für den nächsten Versuch eine Woche später beim Regionalligaspiel Wuppertal – Werder Bremen Amateure (1:0) habe er Zwayer dann zur Mitarbeit gewonnen, für eine Prämie von stattlichen 300 Euro. Je zwei 50- und zwei 100-Euro-Scheine habe er von Ante S. für Zwayer erhalten. Ob es überhaupt zu einer Übergabe des Geldes an seinen Assistenten kam, darüber verlor Hoyzer in seiner weitschweifigen Aussage kein Wort.

Fünf Monate später will Hoyzer Zwayer per Telefon darum gebeten haben, das Zweitligaspiel RW Essen gegen 1. FC Köln zugunsten Essens zu manipulieren. 500 Euro für ihn als Assistenten und 1000 für Schiedsrichter Gräfe habe er offeriert. Zwayer habe das Telefonat beendet, ohne sich festzulegen. Das Spiel endete nicht wie von Ante S. gewünscht mit einem Essener Sieg, sondern 2:2.

Hoyzers Redelust wurde dann von der Richterin gebremst. Gerti Kramer vertagte, weil Dominik Marks wegen einer Grippe nicht mehr folgen mochte. Am Donnerstag will Hoyzer seinen Vortrag beenden, am kommenden Dienstag sollen die schriftlichen Einlassungen von Marks und Karl verlesen werden.

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