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Harter Hund. Bert van Marwijk wäre nach Huub Stevens und Martin Jol der dritte niederländische Trainer beim HSV.

© dpa

HSV: Erinnerung an unbeschwerte Zeiten: Bert van Marwijk wird Trainer in Hamburg

Der kriselnde Hamburger SV holt Bert van Marwijk. Der ehemalige Trainer der niederländischen Nationalmannschaft wird heute als Nachfolger von Thorsten Fink vorgestellt.

Mit niederländischen Trainern hat der Hamburger SV gute Erfahrungen gemacht – verglichen mit der derzeitigen Misere sogar sportliche Höhenflüge erlebt, die wie aus einer anderen, schöneren Fußballwelt erscheinen. Unter Huub Stevens und Martin Jol schwang sich der HSV zwischen Anfang 2007 und Sommer 2009 zu einem Europapokal-Teilnehmer auf, der in der Bundesliga bis kurz vor Saisonende immer zu großen Hoffnungen Anlass gab. Dann aber gern abstürzte – und auf den Plätzen sieben, vier und fünf endete.

Es mag auch die Erinnerung an vergleichsweise unbeschwerte Zeiten sein, die den HSV auf die Fährte Bert van Marwijks gelockt hat. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll der 61-jährige Niederländer den Bundesliga-Klub Mitte der Woche übernehmen und schon bei der Partie in Frankfurt am Samstag auf der Bank sitzen. Es soll allerdings auch Verhandlungen mit dem Schweizer Christian Gross gegeben haben.

Van Marwijk verkündete sich jedoch selbst zum Nachfolger Thorsten Finks, als er am Samstagabend gegenüber dem niederländischen Fernsehsender NOS sagte: „Der HSV hat mich direkt nach seiner Entlassung angerufen. Wir haben uns dann in der Woche zusammengesetzt. Ich habe gesagt, was ich anbieten kann. Sie haben mir gesagt, was sie wollen. Der Vertrag läuft über zwei Jahre mit der Option einer Verlängerung von einem Jahr. Sonntagmorgen fahre ich nach Hamburg.“ Vereinssprecher Jörn Wolf wollte die Einigung mit dem profilierten Coach bis zum Sonntagabend allerdings nicht bestätigen. Das hat mit den komplizierten internen Vorgängen beim Hamburger SV zu tun – zwar wurde der Aufsichtsrat schon vor dem Nordderby gegen Werder Bremen von der Causa Marwijk in Kenntnis gesetzt, doch bevor der Coach eingestellt werden kann, muss eine Beschlussvorlage vorbereitet werden, über die erst am Montag beraten werden kann. Intern heißt es aber, dass es unter den elf Kontrolleuren eine Mehrheit für die Verpflichtung von Bert van Marwijk gebe.

Wie zu hören ist, soll van Marwijk am Mittwoch vorgestellt werden. „Bild“ wartete zudem mit einem pikanten Detail auf – der ehemalige Dortmunder und Schalker Profi Andreas Möller solle van Marwijks Assistent werden. Der 46 Jahre alte ehemalige Nationalspieler besitzt die Fußballlehrerlizenz; er arbeitete zuletzt als Sportlicher Leiter der Offenbacher Kickers. Manfred Ertel, der Aufsichtsratsvorsitzende des HSV, sagte allerdings im NDR-Fernsehen: "Ich gehe nicht davon aus, dass Andreas Möller Co-Trainer bei uns werden wird.“

Van Marwijk hatte das Leben als Trainerrentner offenbar satt. Der knorrige Mann aus Deventer hatte die niederländische Nationalmannschaft ins Endspiel der WM 2010 in Südafrika geführt. Als das Team zwei Jahre später bei der EM in Polen und der Ukraine nach der Vorrunde ausschied, trat van Marwijk zurück. In der Bundesliga wurde er durch seine beiden Jahre als Dortmunder Coach bekannt – damals hatte er früh verkündet, seinen Vertrag ein Jahr vor Ablauf schon zum Sommer 2007 beenden zu wollen. Der introvertierte van Marwijk hatte den Eindruck hinterlassen, als habe er genug vom Getöse der Bundesliga. Weil der Erfolg ausblieb, entließ die Borussia ihn damals sechs Monate vor Saisonende. Van Marwijk machte kurz als Coach bei Feyenoord Rotterdam weiter. Mit dem Klub hatte er 2002 den Uefa-Pokal gewonnen. Danach wurde er niederländischer Bondscoach.

Zu den ihn erwartenden Aufgaben fand van Marwijk freundliche Worte: „Der HSV hat ein prächtiges Team mit großer Tradition und einem schönen Stadion. Derzeit präsentiert sich der Verein weit unter den Erwartungen. Auf der einen Seite wird es deshalb eine große Herausforderung, auf der anderen Seite aber auch sehr schwer.“

Derzeit – das ist der Relegationsrang 16. Also wird van Marwijk erst einmal das sein, was auch Huub Stevens vor sechseinhalb Jahren war: ein Retter. Aber einer, dem man eine langfristige Stellung beim HSV zutrauen kann. Das Team schreit geradezu nach harter Hand. „Ab jetzt ist es Existenzkampf“, sagte Heiko Westermann nach dem 0:2 gegen Werder Bremen am Samstag. „Wir brauchen jemanden, der uns mit klaren Plänen und deutlicher Ansprache da unten rausführt.“ Gegen Werder war der HSV kämpferisch gut, aber erschreckend harmlos und ohne Ideen. Für schönen Fußball stand van Marwijk bei Dortmund und Holland gewiss nicht. Aber das wäre in der bedrohlichen Lage des HSV auch zu viel verlangt.

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