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Huub Stevens im Interview: „Ein Holländer hat euch geholfen“

Huub Stevens über seine Tipps für Jens Lehmann bei der Fußball-WM 2006

Herr Stevens, vielen Dank!

Oh, was ist los?

Sie haben Jens Lehmann verraten, in welche Ecke er springen muss im Elfmeterschießen gegen Argentinien.

Ach so! Gern geschehen. Wenn ihr Weltmeister werdet, kannst du schreiben: Ein Holländer hat uns geholfen! (lacht)

Warum haben Sie ihm Tipps gegeben?

Wir haben früher bei Schalke 04 zusammengearbeitet. Jens ist ein guter Junge, wir haben oft Kontakt. Er ruft manchmal auch bei Champions-League-Spielen mit Arsenal an. Also war klar, dass ich auch jetzt helfe. Ich habe mit Maikel ...

... Ihrem Sohn, der in Berlin lebt ...

... einen Zettel über die Argentinier zusammengestellt. Maikel hat sich mit Jens getroffen, die Jungs wohnen in Berlin um die Ecke. Dann habe ich mich zurückgelehnt, das Spiel geschaut und mich gefreut.

Sie haben 1997 den Uefa-Cup mit Schalke geholt – mit Lehmann im Tor ...

Ja, und wir hatten am Abend vor dem Spiel über die Elfmeterschützen von Inter Mailand gesprochen. Einen Tag später hat Lehmann toll gehalten im Elfmeterschießen, wir lagen schon da richtig.

Was steht denn in Ihrer Statistik?

Puh, eine Menge! Ich pflege die seit 15 Jahren. Ich habe eine große Antenne auf dem Dach und kann alle Spiele in Europa gucken. Dann schreibe ich mit, ob einer in die rechte Ecke schießt oder wohin einer Freistöße setzt. Mehr als 2000 Spieler habe ich im Computer. Mein Sohn Maikel übernimmt die Arbeit jetzt, er hat viel zu tun nach der WM. Er muss nicht nur die Spiele analysieren, sondern auch den Transfermarkt beobachten. Was nützt es mir, wenn ich weiß, wohin einer schießt – aber nicht für welchen Klub?

Aber Herr Stevens, Sie können doch nicht wissen, dass einer den Ball spektakulär in die rechte obere Ecke drischt.

Mutig schießt man, wenn es 3:0 steht. Aber im Elfmeterschießen? Wenn nichts schief gehen darf? Dann schießt du den Ball in deine sichere Ecke. Und wenn es in der letzten Minute 0:0 steht, dann versucht du nur den Schuss, den du am besten kannst – da wiederholen sich Fußballer. Das sage ich meinem Torhüter.

Verkaufen Sie Ihre Daten?

Nein.

Und wenn morgen Nello di Martino vor dem Deutschland-Spiel anruft, Ihr ehemaliger Torwarttrainer bei Hertha BSC? Der kümmert sich ums italienische Team.

Wollen Sie ein sehr langes Elfmeterschießen sehen? (lacht)

Aber Lehmann darf wieder anrufen?

Ja, mein Sohn wird ihm schon was sagen. Aber Jens ist toll in Form – warum soll das Halbfinale erst im Elfmeterschießen vorbei sein? Jens hat eine unglaubliche Ausstrahlung, er ist verbissen und froh. Haben Sie seine Worte nach dem Elfmeterschießen gehört? Dass er jetzt nach Hause geht und sich vorbereitet? Toll, einfach professionell der Junge!

Hat sich Lehmann bei Ihnen bedankt?

Er hat gleich nach dem Abpfiff angerufen und Danke gesagt. Das war anständig, das mag ich. Darüber freue ich mich mehr als über eine Flasche Rotwein.

Das Gespräch führte André Görke.

Huub Stevens (52) trainierte in Deutschland Schalke 04, Hertha BSC und den 1. FC Köln. Heute ist er wieder Trainer beim holländischen Erstligisten Roda Kerkrade.

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