zum Hauptinhalt

Sport: „Ich kenne Herrn Pagé nicht“

Erich Kühnhackl über Anstand unter Trainerkollegen sowie Gegenwart und Zukunft des Eishockeys

Erich Kühnhackl, seit einigen Jahren erlebt die Deutsche Eishockey-Liga einen kleinen Boom. Trotzdem heißt der bekannteste deutsche Eishockey-Spieler immer noch Erich Kühnhackl…

… und der steht seit siebzehn Jahren nicht mehr als Spieler auf dem Eis und ist heute Trainer beim DEL-Aufsteiger Straubing Tigers. Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Aber die Zeiten, in denen Spieler wie ich oder ein Trainer wie der Xaver Unsinn bekannt geworden sind, waren auch andere. Natürlich hatten wir mit der Nationalmannschaft Erfolg und unsere Spiele liefen live in der ARD oder im ZDF. Aber 20 Fernsehkanäle gab es damals noch nicht, Trendsportarten und Fernsehserien, in denen die Stars schon nach einem halben Jahr vergessen sind, auch nicht. Die Zeiten sind eben schnelllebiger geworden, das Angebot an Sport unterhalb des Fußballs ist viel größer geworden.

Der Name Kühnhackl ist vielen im Land trotzdem noch ein Begriff. Man könnte Sie ja als Franz Beckenbauer des Eishockeys bezeichnen, allerdings ist es um sie nach ihrer aktiven Karriere ruhiger geworden. Woran liegt das?

Der Franz ist eben ein Sonntagskind. Zudem liegt es vielleicht daran, dass ich nach meiner Zeit als Spieler nicht alles meiner Karriere untergeordnet habe. Ich habe schließlich eine Familie mit drei Kindern. Womöglich begann die Karriere des Trainers Kühnhackl auch zu früh.

Sie meinen die Zeit, als Sie 1990 als Kotrainer während der WM Bundestrainer Unsinn ablösten?

Nun gut, ich war ja auch schon Kotrainer beim EV Landshut in der Bundesliga. Aber als ich an der Trainerakademie angefangen habe zu studieren, da war mein Traum, Bundestrainer zu werden. Vielleicht ging das dann zu schnell. Aber ich bin dem Deutschen Eishockey-Bund von 1992 bis 1999 als Nachwuchstrainer treu geblieben. Ich wollte einfach etwas zurückgeben, schließlich hatte ich im Nationalteam eine wunderbare Zeit.

Nachdem sie bei den Erding Jets ein paar Jahre in der dritten Liga ein junges deutsches Team betreut haben, gingen sie 2003 zum Zweitligisten Regensburg. Erst mit 55 Jahren debütiert der Trainer Kühnhackl in der DEL, sind deutsche Trainer dort nicht gefragt?

Das mag sein. Was mich betrifft, sehe ich Straubing als eine neue Chance für mich, als einen großen Schritt. Auch deshalb, weil in Straubing im Nachwuchsbereich vieles noch im Argen liegt. Da kann ich Aufbauarbeit leisten.

Geduld mit Trainern bei Klubverantwortlichen gilt in der DEL nicht als Tugend, wenn es mit der Aufbauarbeit nicht so läuft.

Natürlich werden in Straubing Fragen gestellt werden, wenn wir vier oder fünf Mal hintereinander verlieren. Jeder hat in der heutigen Zeit Druck. Als Leistungssportler lernst du, damit umzugehen, das hat etwas Positives. Wissen Sie, ich kann nächstes Jahr auch meinen Sohn trainieren. Aber natürlich bin ich ehrgeizig, als Familienvater oder Trainer, da will ich weiter nach oben, auch einmal ein Spitzenteam betreuen. Ich will mir immer neue Ziele setzen, nur an Herausforderungen wächst man.

Das haben Sie als Spieler bewiesen, etwa als sie 1976 mit der Nationalmannschaft Dritter bei den Olympischen Spielen wurden. Zudem waren sie ja Topscorer bei der WM 1978 und bei Olympia 1976 – eine Ehre, die heutzutage einem deutschen Eishockeyspieler in naher Zukunft wohl kaum zuteilwerden dürfte, oder?

Das sehe ich nicht so negativ. Der Uwe Krupp leistet als Bundestrainer jetzt gute Arbeit und in der DEL hört man inzwischen die Belange des deutschen Eishockeys. Wir haben eine junge Nationalmannschaft, die mit dem Aufstieg in die A-Gruppe einen ersten Schritt gemacht hat. Wir sollten die WM 2010 in Deutschland als das große Ziel sehen. Vielleicht ist das Team dann so weit, um dem deutschen Eishockey zu etwas zu verhelfen, wovon wir noch träumen.

Wo steht denn die Deutsche Eishockey-Liga zurzeit?

Sie steht besser da, als viele denken und nicht nur, weil wir nun mehr Zuschauer und größere Hallen als früher haben. Große Negativschlagzeilen über die DEL oder Pleiten von Klubs gibt es nicht. Die Organisation der Liga ist viel professioneller als früher in der Bundesliga. Die Klubs arbeiten miteinander und nicht gegeneinander. Sportlich ist die Liga richtig stark.

Wobei sie mit den Straubing Tigers als Aufsteiger bisher eine der Überraschungen sind. Läuft es so gut, weil der Druck des Absteigenkönnens nicht da ist?

Wissen Sie, das ist so ein Punkt. Wirtschaftlich gesehen ist es gut, dass es keinen Absteiger mehr gibt, die Klubs haben Planungssicherheit. Sportlich gesehen bin ich der Meinung, dass Auf- und Abstieg bei uns dazugehören. Wir sollten nicht alles übernehmen, was aus Nordamerika kommt, nur weil es aus Nordamerika kommt. In Straubing sind wir mit unserer Leistung bisher im Großen und Ganzen zufrieden. Ich sage meinen Spielern immer: Ziel ist nicht Platz 12 oder Platz 13, Ziel ist es zu lernen, wie man als Spieler an seine maximale Grenze geht. Schließlich haben wir viele Spieler ohne DEL-Erfahrung.

Wenn es um die Förderung des deutschen Nachwuchses geht, dann müssten sie doch Freude an ihrem Gegner am Sonntag haben, den Berliner Eisbären.

Das ist eine junge Mannschaft, die großes Potenzial hat, auch wenn sie nicht so gut gestartet ist. Manager Peter John Lee hat in Berlin in den vergangenen Jahren sehr gute Arbeit gemacht.

Zusammen mit Trainer Pierre Pagé.

Ich kenne Herrn Pagé nicht.

Wie bitte? Spielen Sie auf das Pokalspiel zwischen Regensburg und Eisbären an, als Ihnen Pagé nach der Berliner 1:6-Niederlage als Regensburger Trainer im vergangenen Jahr den obligatorischen Handschlag unter Kollegen verweigerte?

Es mag sein, dass ich da etwas altmodisch bin. Aber für mich ist es eine Frage, des Anstands, dass man sich verabschiedet, auch nach einer Niederlage.

Pierre Pagé sagt heute noch, Ihre Mannschaft sei rüpelhaft gegenüber seinen jungen Spielern gewesen...

Erstens war es kein besonders hartes Spiel und zweitens: Selbst wenn es das gewesen wäre, einen Handschlag muss man deswegen nicht verweigern.

Wenn aber nun Pierre Pagé nach dem Spiel am Sonntag auf Sie zukommen würde, um sich zu entschuldigen?

Bei mir muss sich niemand entschuldigen. Ich werde meinem Berliner Kollegen die Hand geben. Ich habe in meiner Karriere viel gelernt. Das Leben ist viel zu schön, als dass man sich zu oft aufregen sollte.

Das Gespräch führte Claus Vetter.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false