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Sport: „Ich wusste, ich springe jetzt in die Ecke“

Die deutsche Torhüterin Nadine Angerer über den gehaltenen Elfmeter im Finale und eine gegentorlose Weltmeisterschaft

Frau Angerer, haben Sie bemerkt, dass Ihnen bei der Ehrenrunde eine besondere Aufmerksamkeit zuteil geworden ist: Sie durften den Weltmeisterschaftspokal als Erste tragen?

Das war mir nicht bewusst. Ich habe ihn mir einfach genommen.

Es hat aber niemand widersprochen, wahrscheinlich weil Sie den Elfmeter von Marta gehalten haben. Haben Sie beim Elfmeterpfiff befürchtet, dass das Spiel kippen könnte?

Ganz ehrlich, ich hatte keine Angst. Der Pfiff kam, und ich wusste, ich springe jetzt einfach in diese Ecke. Beim Spiel gegen Australien hatte Marta noch die andere Seite gewählt. Ich dachte mir, diesmal kommt es anders.

Wussten Sie, dass Ihnen zum Zeitpunkt des Strafstoßes noch vier Minuten zum Weltmeisterschaftsrekord des Italieners Walter Zenga gefehlt haben?

Nein. Bevor ich hierher gereist bin, hatte ich ironisch gemeint, dass ich kein Gegentor kassieren will. Und nun hat es tatsächlich geklappt.

Kennen Sie Walter Zenga überhaupt?

Natürlich. Aber von solchen Statistiken halte ich wenig. Ich kann mit Zahlen nicht umgehen.

Wurde Brasilien ein bisschen unter Wert geschlagen?

Ich denke schon. Die Brasilianerinnen haben eine hervorragende Mannschaft. Ich bin überrascht von ihrer Leistung. Sie sind taktisch viel disziplinierter als noch vor Jahren. Aber wir wollten wieder Weltmeister werden, wir haben von Spiel zu Spiel mehr Blut geleckt. Und nun ist es Realität.

Nach sechs Weltmeisterschaftsspielen ohne Gegentor kann es eigentlich nicht mehr besser werden. Beenden Sie Ihre Laufbahn jetzt?

Nein, nein. Dafür bin ich noch ein bisschen zu jung.

Die WM war ihr siebtes großes Turnier, aber das erste, bei dem Sie auch gespielt haben. Bleiben Sie nun dauerhaft die Nummer eins im deutschen Tor?

Keine Ahnung, ich will die Nummer eins bleiben. Und meine Position hat sich durch das Turnier sicher nicht verschlechtert. Aber dafür muss ich weiter meine Leistung bringen. Silke Rottenberg schläft auch nicht. Sie muss mich nun herausfordern.

Sie wurden als beste Torhüterin des Turniers ausgezeichnet. Gefällt Ihnen die eingerahmte Trophäe, die Sie nach dem Finale erhalten haben?

Da steht etwas von einem Diplom drauf und der Satz „Nadine Angerer - Best Goalkeeper.“ Nach meinem Examen als Physiotherapeutin im April ist das eine tolle Sache.

Welchen Platz wird die Trophäe bekommen?

Das bekommen meine Eltern, die mich in China so toll angefeuert haben.

Wie werden Sie denn jetzt von Ihrem Heimatverein Turbine Potsdam und ihrem Trainer Bernd Schröder empfangen?

Ich freue mich wirklich auf Bernd Schröder. Er hat den Potsdamer Spielerinnen Babett Peter, Anja Mittag und mir einen Tag vor dem Finale noch eine superliebe SMS geschrieben. Er war schon sehr stolz. Und mit dem Titel konnten wir ihm ein Stück von dem zurückgeben, was er uns immer gibt.

Wer bei einer Weltmeisterschaft in China kein Tor kassiert, dürfte beim nächsten Bundesligaspiel in Essen auch ohne Gegentor bleiben?

Mal sehen. Das ist natürlich ein krasser Gegensatz eine Woche nach dem WM- Endspiel in Schanghai. Irgendwie ist das noch ganz weit weg. Nächste Woche muss ich wieder auf Potsdam umschalten.

Das Gespräch führte Matthias Koch. Die Siegesfeiern in Schanghai und Frankfurt am Main: siehe Seite 3.

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