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Sport: Im Abenteuerland

Winfried Schäfer kämpft in Kamerun mit organisatorischen Problemen – zwischen dem Trainer und seinen Spielern häufen sich die Missverständnisse

Winfried Schäfer hat in diesen Tagen wieder einmal die Nachteile seines Jobs kennen gelernt. In der vergangenen Woche hat Kameruns Nationaltrainer seinen Mittelfeldspieler Joseph Elanga von Malmö FF von der Nominierung für das Länderspiel in Leipzig unterrichten wollen, doch Elanga war nicht zu erreichen. Niemand wusste, wo er steckte. Hinterher stellte sich heraus, dass Elanga zu Vertragsverhandlungen in der Türkei gewesen war. „Das sind Sachen, die aufgearbeitet werden müssen“, sagt Schäfer, der seit nunmehr drei Jahren Kameruns Fußball-Nationalmannschaft trainiert.

Vor allem sind es Sachen, die Schäfer immer wieder erlebt. Am Montagmorgen lag die eine Hälfte seiner Mannschaft noch im Bett, während die andere auf die Abfahrt zum Training wartete. Die Übungseinheit war am Abend zuvor um eine Stunde verlegt worden, was wohl nicht alle rechtzeitig erfahren hatten. „In jeder Mannschaft gibt es Missverständnisse“, sagt Roger Milla, Ehrenbotschafter des Kameruner Fußballverbandes.

Für Schäfer ist der Kampf gegen das organisatorische Chaos in seinem Verband schon immer ein wichtiger Bestandteil seiner Tätigkeit gewesen. Aber es scheint ein Kampf zu sein, den der Deutsche nicht gewinnen kann. Dass Kamerun bei der WM 2002 schon in der Vorrunde ausgeschieden ist, führt Schäfer noch heute auf die abenteuerliche Anreise zurück, die damals 44 Stunden dauerte. Immer wieder sieht der Trainer aus dem Land der Disziplin seine Arbeit durch Faktoren gefährdet, auf die er keinen Einfluss hat. Einfluss hat er aber auf die Mannschaft. „Da habe ich noch keine Disziplinlosigkeiten erlebt“, sagt Schäfer.

Die Schwierigkeiten ortet der Nationaltrainer im Umfeld. Zum Beispiel wartet er bereits seit einigen Monaten auf sein Gehalt. Wenn es all diesen Ärger nicht gäbe, „dann ist die Mannschaft eine Spitzenmannschaft“, sagt Schäfer. Im Moment aber muss der Afrikameister von 2002 sogar um die Qualifikation für die WM in Deutschland fürchten. In ihrer Gruppe liegen die Kameruner nur auf Platz drei, mit vier Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter Elfenbeinküste.

„Wir werden alles dafür tun, um uns für die WM zu qualifizieren“, sagt Roger Milla, der so etwas wie der Nationalheilige des Kameruner Fußballs ist. „Und wir haben alle Möglichkeiten.“ Mit Samuel Eto’o vom FC Barcelona steht Schäfer ein Angreifer zur Verfügung, der für Bundestrainer Jürgen Klinsmann zurzeit „der Ausnahmestürmer schlechthin in Europa“ ist. Allerdings befindet sich die Mannschaft in einem Umbruch. Kapitän Rigobert Song sieht sein Team „in einer Phase, in der wir unser Selbstvertrauen zurückgewinnen müssen“.

Für den Fall, dass Kamerun sich nicht für die WM in Deutschland qualifiziert, hat Schäfer bereits seinen Rücktritt angekündigt. Schon jetzt aber regt sich in Kamerun Kritik am deutschen Trainer. „Es gibt Spannungen“, sagt Milla. Allerdings hält er nicht alle Vorwürfe für berechtigt. Dass Schäfer vorgehalten wird, er sei zu selten in Kamerun, ist für Milla nur „ein symbolisches Problem“. Dem Kader gehört ein einziger Spieler an, der in Kamerun unter Vertag steht. „Was soll Winfried Schäfer da in Kamerun?“, sagt Milla.

Der Nationalheld lobt den Nationaltrainer aus Deutschland ausdrücklich: dafür, dass er der Mannschaft sehr viel Stabilität verliehen habe, technisch, taktisch und körperlich. „Er hat meine Unterstützung“, sagt Roger Milla. Es könnte schlechter stehen um Winfried Schäfer.

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