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Sport: Im Besenwagen

Der Tourmalet! Da kraxeln sie, schwitzen, stöhnen, kasteien sich – und es sind so wenige Momente, in denen sie, wie früher, mit großer Achtung zur Kenntnis genommen werden.

Der Tourmalet! Da kraxeln sie, schwitzen, stöhnen, kasteien sich – und es sind so wenige Momente, in denen sie, wie früher, mit großer Achtung zur Kenntnis genommen werden. Der Respekt ist müde geworden. Die Öffentlich-Rechtlichen überlegen schon, ob sie aus der Rundfahrt aussteigen sollen. Die Tour im Besenwagen, so sieht es aus. Unsere Helden sind von gestern.

Basso continuo, der Ulle mit der Hormonpulle. Was bleibt von diesem herrlichen Sport? Kalauer. Die Leiden sind die von ehedem, ein wehes Kreuz, eine schmerzende Hüfte, brennende Lungen und Krämpfe in den Beinen. Aber es gibt noch mehr Leiden als die. Wenn Andreas Klöden, der neue Kapitän der Männer in Magenta, vor einem oder vor zwei Jahren einen solch harten Kampf gegen den Berg geliefert hätte wie jetzt, dann wäre er gefeiert worden, nicht nur an der Strecke. Denn die Fans am Straßenrand sind treu: Sie können die Arbeit buchstäblich riechen. Im Fernsehen geht das nicht.

Die Berichte wirken sich aus. Nachwirkungen, abseits. Dass Jan Ullrich vielleicht noch in der ersten Tourwoche 2005 gedopt hat, systematisch sogar, und sich möglicherweise selbst die Spritze gesetzt hat, wird ein Übriges tun. Uns Ulle, herrje. Damit bekommen auch die Anspielungen von Lance Armstrong einen völlig neuen Klang, der ja mal gesagt hat, es wäre gut, wenn Jan Ullrich schon zur ersten Woche fit erschiene. Und vielleicht hat L. A. deshalb immer schon die Tour am Anfang vorentscheiden wollen – weil seine Konkurrenten mit dem Dopen später dran waren? Was man sich so alles fragt.

Wo fahren sie denn? Welche Etappe ist gerade? Schon in den Alpen? Ach, wäre es nicht zum Heulen, man möchte schreien, sie anschreien vor Wut, diese Bassos und Ullrichs. Diese Bilder auf dem Weg nach L’Alpe d’Huez, der Wiegeschritt, Gesichter wie aus Stein gemeißelt, der Kampf gegen die Uhr und der gegen sich selbst. Nicht alles war Lüge. Nur mancher Kampf gegen sich selbst war schon vorher verloren. Heute schauen wir wieder, um zu sehen, was die Bilder verraten. Ob sie alles verraten.

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