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Sport: Im Dunstkreis der Szene

Sven Lintjens’ Karriere zerbrach an Hooligan-Gerüchten

An den Montagabenden wird die Wehmut groß. Wenn die Zweite Fußball-Bundesliga den Abschluss ihres Spieltages findet, „dann tut mir das Zuschauen manchmal weh“. Sven Lintjens weiß, dass er leistungsmäßig noch immer auf diesem Niveau mithalten könnte. Doch seine Realität findet in der Regionalliga statt, beim Wuppertaler SV, dem Gegner von Hertha BSC heute in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Sven Lintjens spielt im zentralen Mittelfeld, laufstark, ballsicher, mit dem Auge für einen gezielten Pass. Die Wuppertaler rangieren derzeit nicht zuletzt dank der vier Treffer von Lintjens in der Drittklassigkeit auf Tabellenplatz zwei – der berechtigt zum Aufstieg.

Einer der Gründe, weshalb der 31-Jährige nicht auch weiter in einer der beiden deutschen Profiligen oder wie zuletzt in der zweiten belgischen Liga beim MVV Maastricht beschäftigt ist, heißt Alessa. Seine Tochter leidet am Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, kurz ADS genannt. „Deshalb wollte ich unbedingt in der Nähe von Mönchengladbach bleiben, wo meine Tochter behandelt wird, wo sie zur Schule geht. Meine Familie ist mir das Wichtigste“, sagt Lintjens. Dort am Niederrhein ist auch er aufgewachsen, in Gladbachs Stadtmitte, in einem Milieu, „das ich mir selber nicht ausgesucht habe“, wie er sagt. Aber leidenschaftlich Fußballspielen konnte er dort mit den Kindern aus der Nachbarschaft. Mitte der Neunzigerjahre galt Lintjens bei Borussia Mönchengladbach noch als eines der größten Talente.

Doch seine Herkunft machte ihm zu schaffen. Seine Freunde drifteten in die Hooligan-Szene ab. Und auch Sven Lintjens geriet in Verdacht, sich samstags zu prügeln und sonntags auf dem Platz zu stehen. So soll er bei einer Schlägerei bei einem Länderspiel in Belgien dabei gewesen sein und eine Nacht im Gefängnis verbracht haben. „Diese Geschichte hat mich immer verfolgt, aber an der ist nichts dran“, sagt Lintjens. Er glaubt, diese Gerüchte hätten ihm eine größere Karriere versagt. „Zu dieser Zeit haben die Vereine nette Spieler und Abiturienten gesucht, das war ich nicht“, sagt er verbittert. Trotzdem hat Lintjens immerhin zwei Mal in der Bundesliga den großen Stefan Effenberg auf dem Platz vertreten, „und ich denke, ich habe das ganz gut gemacht“. Einen Profivertrag bekam er in Gladbach trotzdem nicht – die Gerüchte...

Und so wechselte Lintjens hin und her, zwischen der Zweiten Liga in Essen, Siegen, Fortuna Köln in die Regionalliga zu Wattenscheid und Saarbrücken und über Maastricht nach Wuppertal. Zum großen Durchbruch hat es aber nie gereicht. In Wuppertal ist Lintjens aber zumindest bei einem ambitionierten Verein unter Vertrag, der seit Jahren den Aufstieg in die Zweite Liga als Ziel ausgibt. Und dessen langjähriger Mäzen und Vereinspräsident Friedhelm Runge, ein erfolgreicher Unternehmer, sich aufgrund des in der Vergangenheit häufigen sportlichen Scheiterns einen persönlichen Berater mit Namen Rudi Assauer zugelegt hat. „Ich glaube schon, dass wir gegen Hertha BSC bestehen können“, sagt Lintjens. Bis zum Alter von 36 Jahren will er noch spielen. „Ich bin zwar von Jahr zu Jahr fitter geworden, glaube aber nicht, dass mich noch mal jemand in die erste Liga holt“, sagt Lintjens. Das scheint sein Schicksal zu sein.

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