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Sport: Im Hauptprogramm

Als Marc Altmann den Telefonhörer in die Hand nahm und die Stimme seines Trainers hörte, ahnte er nicht im Entferntesten, was ihm Dieter Stein sagen könnte. "Das war der Hammer.

Als Marc Altmann den Telefonhörer in die Hand nahm und die Stimme seines Trainers hörte, ahnte er nicht im Entferntesten, was ihm Dieter Stein sagen könnte. "Das war der Hammer. Er fragte mich doch tatsächlich, ob ich mir einen Start beim großen Sechstagerennen im Velodrom zutrauen würde. Fast im selben Atemzug forderte er mich auf, mir die Chance nicht entgehen zu lassen", erzählt der 20-Jährige vom vergangenen Montag. "Mein Puls ging gleich um mindestens 20 Schläge höher." Das Pech des Holländers Danny Stam, der bei den Sixdays in Bremen schwer stürzte und für Berlin nicht mehr fit wird, ist nun das Glück des mehrmaligen Juniorenweltmeisters. Seinen sportlichen Partner in spe, den Holländer Robert Slippens, mit dem Altmann beim 91. Berliner Sechstagerennen vom 24. bis zum 29. Januar die langen Nächte bestreiten wird, kennt er nur vom Hörensagen. Doch das ist für den Jungen aus der Lausitz kein Hindernis. "Wir treffen uns vor dem Rennen, und dann geht es eben los", sagt er unbekümmert. Doch Altmann hat ein anderes Problem. Ihn plagt das schlechte Gewissen.

Altmann lässt seinen Partner im Vorprogramm im Stich. André Kalfack wusste bis zum Mittwoch noch nicht, dass er sich im KED-Bianchi-Team Berlin nach einem neuen Partner für das Zukunftrennen umschauen muss. "Wir hatten uns nach unserem vorjährigen zweiten Platz diesmal zwar den Sieg im Velodrom vorgenommen, aber letztlich kann ich doch darauf keine Rücksicht nehmen", entschuldigt sich Marc Altmann. Das muss er nicht. Schließlich ist es ein großer Unterschied, ob er im Vorprogramm fährt oder vor tausenden Fans an der Seite der Stars. Wer will ihm seine Zusage verdenken? "Im vorigen Jahr habe ich abends immer noch auf der Tribüne gesessen und sie alle beobachtet. Und nun bin ich selbst dabei." Altmann und Slippens werden sich dann mit der Nummer acht auf dem Rücken mit solchen Top-Paaren wie den Vorjahrsgewinnern Silvio Martinello/Rolf Aldag, Matthew Gilmore/Scott McGrory, den frischgekürten Siegern von Bremen Bruni Risi/Kurt Betschart sowie Andreas Kappes/Andreas Beikirch messen.

Dass es so schnell gehen würde, hatte auch Altmanns Übungsleiter in Peitz, Norbert Nagel, nicht gedacht. Sein Schützling rückt nun als Bahnfahrer in den Blickpunkt -"mit Stärken im Sprint und guter Kondition". Und mit dem festen Ziel, das Berliner Sechstagerennen "auf jeden Fall durchzustehen und nicht hoffnungslos hinterherzufahren". Was würden dann die früheren Chefs aus dem Kraftwerk Jänschwalde denken, bei denen Marc Altmann einst in die Lehre zum Industrie-Mechaniker ging und die ihn immer wieder für den Sport freistellten? "Sie sind immer beim Sechstagerennen als Fans dabei", erzählt Altmann, "diesmal erwarten sie sicherlich auch einiges von mir. Das ist schon eine Verpflichtung für mich."

Während für Marc Altmann die sechs Nächte im Berliner Velodrom momentan noch mit vielen Ungewissheiten behaftet sind, hat er über seine nähere Zukunft klare Vorstellungen. Bis zu den Olympischen Spielen 2004 in Athen möchte er fest zum Bahn-Nationalteam der Verfolger gehören, mit dem er 2001 in Malaysia im Vierer schon einen Weltcupsieg einfuhr. Vielleicht klappt es ja auch, dass Marc Altmann noch in diesem Jahr in die Sportfördergruppe der Bundeswehr aufgenommen wird. Er hat dafür beste Voraussetzungen. Eines kann ihm allerdings jetzt schon keiner mehr nehmen: den Erfahrungsschatz von seinem ersten großen Sechstagerennen. Für Trainer Dieter Stein war dieser Punkt entscheidend, den Starterplatz nicht einem älteren Fahrer zu überlassen.

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