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Sport: Im Land der harten Männer

Stefan Hermanns über den Umgang mit dem kranken Jan Simak Fußballer sehen sich selbst am liebsten als eine Gesellschaft harter Männer. Und damit niemand auf die Idee kommt, sie für Weichlinge zu halten, bedienen sich Fußballer gerne einer derben Sprache.

Stefan Hermanns über den Umgang mit dem kranken Jan Simak

Fußballer sehen sich selbst am liebsten als eine Gesellschaft harter Männer. Und damit niemand auf die Idee kommt, sie für Weichlinge zu halten, bedienen sich Fußballer gerne einer derben Sprache. Klaus Toppmöller hat als Trainer bei Bayer Leverkusen einmal über seinen Spieler Jan Simak gesagt, der Tscheche sei „ein Pflegefall“. Toppmöller ist ein intelligenter Mensch, er hat Abitur gemacht, sogar Architektur studiert; aber Toppmöller ist eben auch immer Fußballer gewesen, und bei Fußballern zählt ein starkes Wort oft mehr als ein starker Gedanke.

Toppmöllers Aussage über Simak war ehrenrührig, und daran ändert sich auch dadurch nichts, dass der Tscheche offenbar tatsächlich ein Pflegefall ist. Simak braucht Pflege und Hilfe: Ein junger Mann, 24 Jahre alt, ein vom Talent begünstigter Fußballer scheint an den Anforderungen des professionellen Fußballgeschäfts zu scheitern. Simak leidet am so genannten Erschöpfungssyndrom. Nach Angaben von Hannover 96, dem Verein, an den Simak von Bayer Leverkusen für ein Jahr ausgeliehen ist, wird er inzwischen fachärztlich behandelt.

Simak hat selbst gerne den starken Mann gegeben, sein Geld verspielt, gesoffen und sich trotzdem in sein schnelles Auto gesetzt; er hat die falschen Freunde gehabt und sich Kampfhunde gehalten wie ein Lude auf der Reeperbahn. Da schien einer weniger Probleme mit sich selbst zu haben als mit den Verlockungen, die sich einem gut verdienenden Fußballer bieten. Ricardo Moar, noch so einer, der gern mit seiner männlichen Kraft protzt, hat daher gar nicht glauben mögen, dass einer wie Simak seelische Probleme haben oder depressiv sein könne. „Jan hat doch jeden Tag Witze gemacht“, hat Hannovers Sportdirektor gesagt. Und als Simaks Berater von depressiven Schüben sprach, entgegnete Moar mit der ihm eigenen Feinfühligkeit: „Wenn er das sagt, hat er selbst psychische Probleme.“

Solche Aussagen belegen nur das generelle Unverständnis einer Branche für Schwächen aller Art. Fußballer brauchen nämlich keine Psychiater, und wenn ein Trainer mit Hilfe eines Psychologen noch ungenutzte Potenziale nutzbar machen will, stößt er bei seinen Spielern häufig auf großen Widerwillen. Man ist doch nicht geisteskrank oder bekloppt! So etwas spricht nicht für den Fußball, genauso wenig wie der Umgang mit dem Fall Simak. Martin Kind, steinreicher Unternehmer und Präsident von Hannover 96, hat gesagt: Sollte Simak mit dem Fußball aufhören, „hätte das für Leverkusen dramatischere Auswirkungen als für uns“. Die dramatischsten Auswirkungen allerdings hätte es für Jan Simak.

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