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Sport: Im Licht des Glückes

Sechs Tore, ein strenger Geruch und eine falsche Nationalhymne: So präsentiert sich die neue Allianz-Arena

Die neue Ära begann mit einem Fauxpas. Auf der Südtribüne hing ein langes, schwarzes Banner, auf dem die Silhouette Münchens abgebildet war, und die Fans schwangen ihre 66 000 roten und weißen Fähnchen und sangen die deutsche Nationalhymne, als die Sängerin Sarah Connor ihren ganz persönlichen Beitrag zur feierlichen Eröffnung der AllianzArena lieferte. „Blüh’ im Lichte dieses Glückes“, sang die Delmenhorsterin und sorgte mit dieser ganz eigenen Interpretation des Originals für noch bessere Stimmung auf den Tribünen der Allianz-Arena, dem neuen Stadion der beiden Münchner Vereine FC Bayern und 1860. Es wurde ein spaßiger Abend beim zweiten Einweihungsspiel für den neuen Münchner Fußballtempel, der das Olympiastadion nach 33 Jahren ablöst, und das lag nicht nur an Sarah Connor. Die vielen Fans des FC Bayern verdankten ihre gute Laune zum Großteil den Fußballern der deutschen Nationalmannschaft. 2:4 (0:2) verlor das Team von Jürgen Klinsmann gegen den FC Bayern, und die Fans auf der Tribüne sangen lauthals: „Wir sind besser als das ganze Land!“

Dazu muss allerdings gesagt werden, dass einige der Besten des ganzen Landes an diesem Abend für den FC Bayern aufliefen. Michael Ballack etwa oder Sebastian Deisler, der in der fünften Minute das 1:0 erzielte. Das 2:0 fiel nach einer halben Stunde durch ein Eigentor von Robert Huth, die weiteren Bayern-Tore in der neuen Arena gelangen Sagnol und Salihamidzic. Tim Borowski traf für den schwerfällig agierenden Rest der Nationalmannschaft per Elfmeter zum zwischenzeitlichen 1:2, Klose später zum 2:3. Bundestrainer Jürgen Klinsmann begann damit den letzten Abschnitt seiner Mission WM 2006 mit einem kleinen Stolperer. Vor dem Konföderationen-Pokal hat die Nationalelf nur noch zwei Testspiele, das erste steht am Samstag in Belfast gegen Irland an. Bis Freitag werden die Nationalspieler noch in München bleiben, vielleicht schauen sie sich das neue Stadion in der Zwischenzeit noch einmal an.

Rund 340 Millionen Euro haben die beiden Münchner Klubs mit Hilfe von Sponsoren in das Stadion investiert, in 22 Jahren soll es abbezahlt sein. Von außen wirkt es beeindruckend, vor allem, wenn die Fassade mal blau leuchtet, wie am Montag beim ersten Eröffnungsspiel von 1860 München gegen Nürnberg (3:2), oder eben knallrot wie beim Spiel der Bayern. Die Fans pilgerten an beiden Abenden vom neuen U-Bahnhof über eine Parklandschaft hinauf zur Arena. Im Bauch, auf Ebene Null, rollten die Limousinen der Politiker und Wirtschaftsbosse auf unterirdischen Straßen zum Parkhaus.

Unten auf dem Spielfeld stand Bayern-Präsident Franz Beckenbauer und sprach fröhlich von einem „wunderschönen Stadion“. Vielleicht muss die Arena einfach benutzt werden, dann schwindet auch das Gefühl der Kälte. Die Ästhetik erinnert vorerst noch ein wenig an die eines Rohbaus auf einem Messegelände. An die Betonwände der Kioske wurde mit einer Schablone „Bratwurst + Getränke“ gesprüht. Modern soll das sein, wie auch der Name der Firma, die die Imbissbuden betreibt. „Arena One“ heißt die. An den Kiosken müssen die Fans zu ihrer Chipkarte greifen und diese vor ein Lesegerät halten. Sie lassen sich vorher ein Guthaben auf die Karte buchen, das dann abgezogen wird. Die Chipkarten sind gleichzeitig das Einlassticket für die Zuschauer. Sie halten sie vor den Scanner eines Lesegeräts, erst dann springt die Ampel neben den Drehkreuzen auf Grün. Die Fans werden sich auch olfaktorisch erst noch eingewöhnen müssen. Gleich neben den Tribünen befinden sich die Hallen der Münchner Abfall-Entsorgungsfirma. Über die schlimme Luft schimpften viele Zuschauer.

In Sachen Akustik erinnert ebenfalls nur wenig an die Weiten des alten Olympiastadions. Die Gesänge der Fans klingen in dem kompakten Bauwerk nun viel brachialer. Das bekam am Dienstag am stärksten Jens Lehmann zu spüren. Der Anwärter auf den Stammplatz im Tor der Nationalmannschaft wurde von den Anhängern seines Konkurrenten Oliver Kahn, der im Bayern-Tor stand, bei jeder Ballberührung ausgepfiffen. Mit einem Check gegen Bayern-Spieler Bastian Schweinsteiger hatte er selbst zumindest einen Anteil an den unschönen Worten, die nur fünf Meter hinter seinem Tor auf der Tribüne gerufen wurden. „Es ist toll, dass die Zuschauer hier so dicht am Spielfeld sitzen“, sagte Klinsmanns Assistent Joachim Löw und schob verärgert nach: „Wir hätten uns aber gewünscht, dass unsere Spieler nicht mit Pfiffen bedacht werden.“ In der zweiten Halbzeit stand Timo Hildebrand im deutschen Tor, Lehmann blieb in der Kabine. Es schien, als habe die neue Allianz-Arena bereits ihr erstes Opfer gefordert.

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