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Abbiegen nach Fernost. Die DTM rast heute durch Schanghais Finanzviertel. Foto: Imago

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Sport: Im Reich der sportlichen Mitte

China strebt nach Großereignissen wie dem heutigen Finale der Tourenwagenmeisterschaft in Schanghai

Wenn Klaus Schormann zu China befragt wird, kommt ihm ein Wort immer wieder über die Lippen. Die Asienspiele in Guangzhou? Sensationell! Die Wettkampfstätten für die letzte WM im Modernen Fünfkampf in Chengdu? Sensationell! Die Entwicklung in Hong Kong und Macao? Sensationell!

Die Schwärmerei des Weltverbandspräsidenten der Modernen Fünfkämpfer hat ihren Grund. Während sich in den krisengebeutelten Volkswirtschaften des Westens immer weniger Unterstützer für sportliche Großereignisse finden, schickt die Volksrepublik eine Bewerbung nach der anderen ab. Wenn das so weiter gehe, mahnt Schormann, müsse die olympische Welt acht geben, dass auch andere Nationen zum Zug kommen.

Wer den internationalen Sportkalender der letzten Jahre durchforstet, wird Schormann recht zu geben. Die Ringer-WM 2006, die Frauen-Fußball-WM 2007, Olympia 2008, die WM der Modernen Fünfkämpfer im September 2010 – alle fanden in China statt. Am Sonntag rast die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft durch die Hochhausschluchten von Schanghai zum WM-Finale (8.05, live in der ARD). Die Universiade 2011 in Shenzhen, die Schwimm-Weltmeisterschaft 2011 in Shanghai, die Jugendolympiade 2014 in Nanjing und die Leichtathletik-WM 2015 in Peking sind ebenfalls terminiert. Seit kurzem trifft sich die Tenniselite nicht nur in Wimbledon und Paris, sondern auch in Shanghai und Peking.

Die Großerereignisse dienen Chinas Regierung auch dazu, den Patriotismus und Nationalismus im Land zu stärken. Und für Chinas Städte sind sie ein willkommener Anlass, die Infrastrukturen massiv auszubauen, sagt der Sportjournalist Li Bo. Tatsächlich haben Peking für Olympia, Schanghai für die Weltausstellung und Guangzhou für die Asienspiele ihr U-Bahn-Netz um zig Linien erweitert. Das kommt auch der Bevölkerung zugute. Nach einer Umfrage der Jinan Universität erklärten über 90 Prozent der Einwohner von Guangzhou, dass ihre Stadt durch die Asienspiele an Ansehen gewonnen habe. Ähnliches erhofft sich Nanjing: Bei der Bewerbung um die zweite Jugendolympiade stach die frühere Hauptstadt den polnischen Konkurrenten Poznan aus. Man erwarte Spiele von höchster Qualität, sagte IOC-Exekutivdirektor Gilbert Felli. Die entsprechenden Stadien hat Nanjing bereits. Hier fanden 2005 die vorletzten Nationalspiele statt, die in Umfang und Infrastruktur Olympia in Nichts nachstehen, weil auch die Provinzen in China in großer Konkurrenz zueinander stehen. Sowohl bei Olympia in Peking als auch bei den an diesem Wochenende zu Ende gehenden Asienspielen in Guangzhou wurden Stadien genutzt, die in den letzten 20 Jahren für Nationalspiele gebaut wurden.

Über mangelndes Sponsoreninteresse müssen sich die chinesischen Veranstalter keine Sorgen machen. Die Großunternehmen der Volksrepublik wie „China Telecom“, Elektrogigant „Haier“ oder die Sportartikelhersteller „Li Ning“ und „Anta“ empfinden es geradezu als nationale Verpflichtung, diese Events zu unterstützen. Auch internationale Großkonzerne nutzen die Sportveranstaltungen als Plattform. Mercedes beispielsweise fördert den Tennisverband. Der hat zwar mit Li Na und Peng Shuai international konkurrenzfähige Damen hervorgebracht, Chinas Tennismänner aber warten noch auf den Durchbruch. Mercedes will dabei helfen, auch um sein Image weiter aufzupolieren. Schließlich ist China der wichtigste Wachstumsmarkt der schwäbischen Autobauer.

„Asien ist im Kommen“, sagt auch IOC-Vize Thomas Bach, der am Rande der Asienspiele um Unterstützung für die Münchner Olympiakandidatur warb.Umgekehrt bemühen sich aber auch die asiatischen Kandidaten um Unterstützung des Westens. Bei der Vergabe von Großereignissen müsse das Internationale Olympische Komitee sicher sein können, dass die Finanzierung stehe, sagt Schormann. Die Weltfinanzkrise hat manche Planung über den Haufen geworfen, Mexiko zog in letzter Minute die Bewerbung für die Jugendolympiade zurück. Auch deshalb gehe die Tendenz Richtung Asien, so Schormann. Für die Weltmeisterschaft seines Verbandes hätte Chengdu Arenen von olympischen Dimensionen gebaut.

Die Voraussetzungen in China sind optimal. Deutlich zeigt das die Entwicklung in der Leichtathletik. Binnen weniger Jahre wird die olympische Kernsportart ihre WM zum dritten Mal in Ostasien austragen. Nach dem japanischen Osaka 2007 und dem südkoreanischen Daegu 2011 vergab der Weltverband erst vor wenigen Tagen die Titelkämpfe an Peking mit seinem olympischen Vogelnest-Stadion.

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