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Sport: Im richtigen Trikot

Bei der Nationalelf erfährt Michael Ballack die Wertschätzung, die ihm bei den Bayern verwehrt bleibt

Zwei Teilzeitprofis der maltesischen Fußball-Nationalmannschaft zerrten nach dem Abpfiff am Trikot von Michael Ballack. Der deutsche Mittelfeldstar tat so, als bemerke er die beiden aufdringlichen Malteser nicht. Er blickte hoch in die Ränge des Dreisamstadions und bedankte sich nach dem 7:0-Sieg der deutschen Elf über Malta beim Freiburger Publikum. Seine Geste war eindeutig. Nie würde er sein Trikot hergeben, am liebsten würde er es ewig tragen. Wenn doch bloß die Nationalmannschaft sein Klub wäre und nicht Bayern München.

Vier Tore hat Ballack für Deutschland in 90 Minuten geschossen. Das sind mehr als halb so viele wie für den FC Bayern in seinen 28 Bundesligaspielen dieser Saison. Man könnte auch sagen: Für die Nationalmannschaft ist Ballack der wertvollste Spieler. Beim FC Bayern aber wird darüber nachgedacht, ob derselbe Profi nicht entbehrlich ist. „Wenn der FC Bayern und Barcelona sich einigen, können wir Ballack gehen lassen“, sagt Franz Beckenbauer.

Beckenbauer, der Aufsichtsratschef der Bayern, war es auch, der sich vor wenigen Tagen ganz ähnlich im Fall Ottmar Hitzfeld geäußert hat. Kurz darauf war Hitzfeld nicht mehr Trainer in München. Fest steht, dass die Vereinsführung mit den Leistungen Michael Ballacks nicht zufrieden ist. Aber kann sich das Münchner Fußballunternehmen eine zweite unwürdige Trennung von einem herausragenden Mitarbeiter leisten? Kenner der Münchner Verhältnisse vermuten hinter der harschen Kritik ohnehin nur eine Art der Disziplinierung des Spielers und dessen beratenden Umfeldes. Das sind der Rechtsanwalt Michael Becker und PR- Manager Peter Olsen. Becker hat sich vor kurzem bei Bayern-Manager Uli Hoeneß über die Heftigkeit der Kritik beschwert. Sein Mandant sei zwar einer der Großverdiener des Rekordmeisters, doch andere, wie Oliver Kahn und Sebastian Deisler, hätten auch Fehler gemacht oder seien ganz ausgefallen. Ballack könne nicht der Sündenbock für alles und jeden sein. Doch Widerworte lassen sich die Bayern-Bosse nur ungern gefallen. Daher kommt ihnen das Interesse des FC Barcelona an Ballack durchaus gelegen.

„Dazu möchte ich gar nichts sagen“, sagt Michael Ballack. Er freue sich über die vier Tore. Auf die Frage, ob das Trikot der Bayern schwerer sei als das der Nationalmannschaft, antwortet er knapp: „Ich habe zwar mal gesagt, dass es schwer ist, das Bayern-Trikot zu tragen, aber ich schätze die Nationalmannschaft höher ein.“ Ballack muss derzeit aufpassen, was er sagt. Deshalb schweigt er lieber. Malta habe es ihm zwar relativ leicht gemacht, „aber er hat seine Klasse gezeigt“, lobt Teamchef Rudi Völler. „Vier Tore – das ist schon gehobene Klasse. Michael hat die Mannschaft geführt.“

Genau diese Qualität sprechen ihm die Verantwortlichen der Bayern momentan ab. Auch deshalb hatte sich Völler in München schon vor dem letzten Bundesligaspiel mit seinem wichtigsten Spieler für die EM getroffen. Er habe ihm gesagt, „dass er jetzt die Chance hat, es allen Kritikern zu beweisen“. In der Nationalelf findet Ballack ein ihn in jeder Hinsicht bejahendes Umfeld vor, das ihm bedingungslos den Rücken freihält. „Hier blüht er auf“, sagt Völler.

Die Bedeutung Ballacks für die Nationalmannschaft ist seit der WM 2002 unbestritten. Das lassen ihn Mitspieler und Trainer auch außerhalb des Spielfeldes spüren. „Hier sind wir alle froh, dass wir ihn haben“, sagt Dietmar Hamann. Ein paar Wochen wird Ballack im deutschen Trikot spielen – nicht für sein Ego, sondern für ein klares Bekenntnis des FC Bayern zu ihm. Sollte ihm das verwehrt bleiben, wird Ballack das Trikot eintauschen. Aber eigentlich will er das gar nicht.

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