zum Hauptinhalt

Sport: Im Sinne des Clubs

Wie Hans Meyer den 1. FC Nürnberg umstrukturiert

Am Tag nach dem Pokal-Halbfinale erreicht die Heldenverehrung in Nürnberg eine neue Dimension. Als Hans Meyer, der Trainer des 1. FC Nürnberg, auf dem Trainingsplatz erscheint, kommt ein alter Mann, von den Zeiten gebeugt, das Gebiss nur noch in Bruchstücken vorhanden und nach eigenen Angaben seit 71 Jahren Anhänger des Clubs, auf ihn zu, drückt ihm die Hand und sagt: „Danke.“

Hans Meyer ist solche Erscheinungen des Hans-Meyer-Kults schon lange gewohnt. Wo immer er zuletzt gearbeitet hat, schlug ihm sehr schnell die geballte Zuneigung der Fans entgegen. In Mönchengladbach haben sie nach dem Aufstieg in die Bundesliga „Oh, Hans, wir sagen Dankeschön“ gesungen, bei Hertha wurde Meyer schon an seinem ersten Arbeitstag wie der Messias gefeiert, und nachdem die Mannschaft sich am Ende tatsächlich vor dem Abstieg gerettet hatte, zogen sogar die Spieler T-Shirts an mit dem Aufdruck „Danke, Hans“.

Meyers lokaler Heldenstatus kontrastiert ein wenig mit der überregionalen Wahrnehmung seiner Arbeit. Angesichts seiner schnellen Erfolge gilt er immer noch als ein etwas eloquenterer Feuerwehrmann. Die „Financial Times Deutschland“ höhnte im Herbst, dass dem 1. FC Nürnberg das winke, „wofür – statistisch betrachtet – der Name Meyer im Bundesligafußball steht: Mittelmaß“.

Wenn die mittelmäßigen Nürnberger heute in Leverkusen gewinnen, halten sie ihren wichtigsten Konkurrenten um Platz fünf auf Distanz und kommen der Qualifikation für den Uefa-Cup wieder einen entscheidenden Schritt näher. Meyer ist selbst ein bisschen überrascht, wie konstant seine insgesamt junge Mannschaft spielt, wie stabil sie bisher gewesen ist. Kein einziges Mal in dieser Saison haben die Nürnberger mit mehr als einem Tor Unterschied verloren. „Ich glaube nicht, dass ein anderer Trainer so viel erreicht hätte“, sagt Michael A. Roth, der Präsident des 1. FC Nürnberg.

Es hat Zeiten gegeben, da war Roth und nur Roth der 1. FC Nürnberg, doch als er nach dem Halbfinalsieg gegen Frankfurt auf den Schultern der Spieler durchs Stadion getragen wurde, haben sich einige Leute vermutlich gefragt: Wer ist eigentlich dieser kleine Mann mit der Brille und dem weißen Bart? Der Aufschwung des Vereins ist einhergegangen mit dem allmählichen Verschwinden Roths aus der Öffentlichkeit. Früher, so sagt der Präsident, hätten sich die Spieler immer jemanden gesucht, bei dem sie sich ausweinen konnten, und überraschend fanden sie meistens Roth, der für solche Klagen stets ein offenes Ohr hatte. „Das sieht natürlich kein Trainer gerne“, sagt der Präsident. „Das haben wir total abgestellt.“

Wer Probleme mit dem Trainer hat, soll sie mit dem Trainer besprechen – nicht mit dem Präsidenten oder dem Sportdirektor. „Das ist bei mir noch nie möglich gewesen“, sagt Meyer. Bei Borussia Mönchengladbach reifte in ihm der Entschluss zur Kündigung, als er erfuhr, dass sein Intimfeind Markus Münch, mit Aussicht auf Erfolg, hinter seinem Rücken beim Präsidium antichambrierte.

Meyers Kritiker behaupten, dass der Trainer schon durch seine bloße Präsenz keinen Platz für andere Götter neben sich lasse. Doch hat man je Beschwerden von Herthas Manager Dieter Hoeneß gehört? Michael A. Roth machte zuletzt auch nicht gerade den Eindruck, eine unglückliche Randfigur zu sein. Natürlich könne er damit leben, nicht mehr so sehr im Mittelpunkt zu stehen, sagt er. „Ich trage nach wie vor die volle Verantwortung.“ Nürnbergs Sportdirektor Martin Bader lobt die „absolut einfache Zusammenarbeit“ mit Meyer, was der wiederum für ganz normal hält: „Bei mir hat es jeder Manager sehr leicht“, sagt er. „Weil ich immer alles im Interesse des Klubs tue und nicht im Interesse meiner Eitelkeit.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false