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Sport: Im Spiegel des Tages: Reale Scheinwelt

Die Welt des Fußballs ist eine Scheinwelt, seine Probleme sind virtuell. Das ist so leicht gesagt wie falsch interpretiert.

Die Welt des Fußballs ist eine Scheinwelt, seine Probleme sind virtuell. Das ist so leicht gesagt wie falsch interpretiert. Natürlich gibt es Wichtigeres als Viererkette, Außenbahn, Abseitsfalle. Aber die Wirkung prominenter Fußballspieler auf die Öffentlichkeit ist im Zeitalter der elektronischen Medien mindestens so groß wie die von Politikern, wahrscheinlich größer. Alles, was sie tun oder lassen, ist von öffentlicher Bedeutung.

Da gibt es bei Bayern München den Stürmer Carsten Jancker, dessen Stil so gewöhnungsbedürftig ist wie seine Frisur. Jancker wird seit längerem in die rechte Ecke gerückt, angeblich hat er ausländische Mit- und Gegenspieler beleidigt. Natürlich ist noch lange kein Neonazi, wer aus Mecklenburg-Vorpommern kommt und eine Glatze trägt. Aber der Fußballprofi Jancker tritt Woche für Woche vor einem Millionenpublikum auf. Wenn er sich dem Wunsch seines Arbeitgebers verschließt, ein wenig Flaum auf dem kahlen Schädel wachsen zu lassen, provoziert er zumindest ein Missverständnis. Mit eventuell fataler Wirkung.

Ein anderes Problem hat Janckers Kollege Bixente Lizarazu. Der französische Nationalspieler stammt aus einem baskischen Dorf und wird von der ETA bedroht. In einem von der Terrororganisation gezeichneten Schreiben wird ihm eine so genannte Revolutionssteuer abverlangt, "weil Sie das Trikot eines Unterdrückers tragen", nämlich das der französischen Nationalmannschaft. Es nutzt Lizarazu wenig, dass er sich im friedlichen Sinne stets wohlwollend über die baskische Sache geäußert hat. Was zählt, ist sein Status in der Öffentlichkeit.

Die Scheinwelt des Fußballs, sie ist eine höchst reale. Jancker und Lizarazu können es bestätigen.

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