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Sport: Im Spiegel des Tages: Wer andern eine Goldgrube gräbt

Verhandelt wurde streng nach den, wie es im Juristendeutsch heißt, Buchstaben des Gesetzes. Dass Fußball-Regionalligist Tennis Borussia nach einem Spruch des Arbeitsgerichts Berlin 1,2 Millionen Mark Abfindung an Trainer Winfried Schäfer zahlen soll, entspricht gewiss dem, was der deutsche Paragraphen-Dschungel so hergibt.

Von Karsten Doneck, dpa

Verhandelt wurde streng nach den, wie es im Juristendeutsch heißt, Buchstaben des Gesetzes. Dass Fußball-Regionalligist Tennis Borussia nach einem Spruch des Arbeitsgerichts Berlin 1,2 Millionen Mark Abfindung an Trainer Winfried Schäfer zahlen soll, entspricht gewiss dem, was der deutsche Paragraphen-Dschungel so hergibt. Ein Vergleich eben, der dem einen ein bisschen weh tut, dem anderen auch - und damit dann gerecht sein soll. Nur: Der Fall Schäfer / TeBe hat auch eine moralische Seite. Es war gestern nicht Aufgabe der Richter, diesen Aspekt in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Aber diskutieren lässt sich darüber sehr wohl.

Da stand also Winfried Schäfer, der ehemalige Erfolgstrainer, gewiss kein mittelloser Mann, vor Gericht und forderte 4,125 Millionen Mark von seinem ehemaligen Arbeitgeber. Das ist sein gutes Recht. Aber kennt dieser Mann denn keine Skrupel? Für einen Verdienst von 150 000 Mark pro Monat hat er ein bis dahin Erfolg versprechendes Unternehmen in die Tiefe gezogen. Er hat am 23. März 1999 bei TeBe eine Mannschaft übernommen, die war Tabellenvierter. Und sie schaffte unter seiner Führung in den elf restlichen Saisonspielen gerade mal drei Siege. Schäfer widerlegte damit gründlich die These, dass Trainerwechsel auch stets einen Leistungsschub bringen. Das weckte auch beträchtliche Zweifel an Schäfers Fähigkeiten.

TeBe wollte aber den Fehler, Schäfer überhaupt verpflichtet zu haben, nicht eingestehen. Der Verein buddelte für ihn statt dessen eine Goldgrube: Für 11,5 Millionen Mark durfte sich der Trainer neue Spieler aussuchen. Schäfer setzte das Geld in den Sand. Das teuerste Team der Zweiten Liga vermied nur deshalb den sportlichen Abstieg, weil ein paar andere Klubs am letzten Spieltag hilfreiche Resultate erzielten. Das Versagen der Mannschaft - es war auch Schäfers Versagen. TeBe wurde dann kurze Zeit später wegen eines fehlenden Liquiditätsnachweises die Lizenz entzogen.

Und nun zieht Schäfer also vor Gericht und fordert unter anderem mit dem Argument, er habe den Absturz von TeBe in Liga drei nicht zu verantworten, 4,125 Millionen Mark, also sein Gehalt bis Vertragsende 2002. Klar, so ist das Geschäft. Maßlos eben. Man nimmt, was man kriegt. Egal, ob man es verdient hat oder nicht. Schäfer war für TeBe schon kein guter Trainer, jetzt geht er auch noch als Abzocker in die Vereinsgeschichte ein.

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