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Randale

© dpa

Im Tabellenkeller: Randale bei Hertha: Angriff auf das Heiligste

Die Randale vom Sonnabend könnte das Verhältnis zwischen Hertha und seinen Fans schwer beschädigt haben.

Berlin - „Ich habe die Sorge, dass da viel kaputtgegangen ist“, sagt Ralf Busch, der Leiter des Berliner Fanprojekts. Busch spricht nicht von den zertretenen Werbebanden, eingeschlagenen Plexiglasscheiben und der demolierten Auswechselbank, die die rund 100 Randalierer im Berliner Olympiastadion nach Herthas Heimspiel am Sonnabend hinterließen. Busch spricht vom eigentlich guten Verhältnis, das es bis zum 1:2 gegen Nürnberg zwischen dem Berliner Fußball-Bundesligisten und seinen Anhängern gegeben hatte. „Unsere Sorge ist, dass sich die Fronten jetzt verhärten“, sagt Busch. Wenn es nach der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) geht, kann das gar nicht schnell genug gehen. „Es muss alles neu auf den Prüfstand“, sagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt der dpa. Der Sicherheitsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes, Helmut Spahn, sagte, er könne nicht ausschließen, „dass Maßnahmen getroffen werden müssen, die auch die Rechte der friedlichen Fans beschränken“. Vorschnelle Strafen, wie etwa die von Wendt geforderten „Geisterspiele“ lehnte er aber als „populistische Forderungen“ ab. Die DPolG verlangte hingegen „völlig andere Schwerpunkte“ in der Fanarbeit. „Es gibt noch ein völlig unverständliches Interesse, mit diesen Leuten zusammenzuarbeiten“, sagte Wendt.

Aber wer sind diese Leute? Anscheinend war die Gruppe, die nach dem Abpfiff am Sonnabend den sogenannten „Reportergraben“ im Olympiastadion überwand, alles andere als homogen. Busch spricht von einer „bunten Mischung“ und ist sich sicher: „Das war keine Sache mit Ansage.“ Nicht nur Ultra-Fans seien aus Frust über die Niederlage spontan in den Innenraum des Stadions vorgedrungen, auch andere Fans seien dabei gewesen. In der Ostkurve versuchten Anhänger hingegen, mäßigend zu wirken. „Man hat schon bei den vorigen Spielen gemerkt, wie zerrissen die Kurve war“, sagt Busch. Seit der Randale werde auch in Fanforen im Internet kontrovers diskutiert.

Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte in Frankfurt am Main, nimmt den Vorfall sehr ernst. „Relativieren darf man das nicht“, sagt Gabriel. „Aus der Perspektive des Fußballs ist das Heiligste angegriffen worden – der Ort, wo das Spiel stattfindet.“ Gabriel sieht im Gegensatz zur DPolG keine neue Entwicklung, sondern „die Fortsetzung eines Prozesses“. Vielerorts sei der Respekt den Spielern und dem Spiel selbst gegenüber geringer geworden. „Manche Ultras glauben, ihre Mannschaft motivieren zu können, indem sie ein Bedrohungsszenario aufbauen“, sagt Gabriel. Davon zeugen Gesänge wie „Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot“ oder „Zerreißt euch, sonst tun wir es“. Gabriel sieht das größte Potenzial für eine Verbesserung der Lage dort, wo die Täter herkommen – in der Fankurve. „Dort müssen sich die Klubs Unterstützer suchen“, sagt Gabriel. „Man darf nicht vergessen: Von den 10 000 Fans in der Ostkurve sind 9900 nicht mitgelaufen.“ Gabriel glaubt, dass Hertha den Dialog mit den Fans suchen wird, der Klub habe zu seinen Anhängern über die Fanbeauftragten und das Berliner Fanprojekt eine gute und enge Kommunikation. „Ich hoffe nur, der Verein ist jetzt stark genug, um dem Druck standzuhalten“, sagt Gabriel. Hertha-Sprecher Gerd Graus sagte gestern, der Klub werde selbstverständlich am Dialog mit den Fans festhalten. Nach einer Besprechung mit der Berliner Polizei teilte Hertha am Abend mit, sieben weitere Randalierer seien identifiziert worden, einer der Krawallmacher habe sich selbst gestellt. Die Polizei hatte zuvor bereits 26 Strafverfahren gegen im Stadion festgenommene Fans eingeleitet. „Wir ermitteln zügig weiter“, heißt es aus dem Berliner Polizeipräsidium. Auch die Polizei geht mittlerweile davon aus, dass die Randale nicht geplant war, sondern spontan entstanden ist.

Die Berliner Grünen wollen das Thema trotzdem kommende Woche sogar im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses besprechen lassen. Seit Montag ermittelt auch der Kontrollausschuss des DFB, nach Auswertung der Fernsehbilder und der Polizeiberichte muss Hertha mit einer hohen Geldstrafe rechnen.

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