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Sport: Im Zeichen der Fünf

Federer geht gegen Nadal über die volle Distanz und stellt Björn Borgs Wimbledon-Rekord ein

Von Markus Hesselmann

Der Champion fällt auf die Knie und hält sich die Hände vors Gesicht. Dann legt er sich rücklings auf den Rasen und genießt den großen Moment trotz des Trubels um ihn herum ganz für sich allein. Hinter ihm erhebt sich langsam Björn Borg von seinem Platz in der königlichen Loge und fängt an zu klatschen. Roger Federer hat Rafael Nadal mit 7:6 (9:7), 4:6, 7:6 (7:3), 2:6, 6:2 besiegt und zum fünften Mal hintereinander das Finale von Wimbledon gewonnen. Das hatte vor ihm nur Björn Borg geschafft, der Tennis-Superstar der Siebzigerjahre. „Danke dass Sie gekommen sind“, sagt Federer über den Lautsprecher zu Borg. Die kurze Zeit zwischen Spielende und Siegerehrung hat Federer genutzt, um sich weiße lange Hosen und ein weißes Jackett überzuziehen – sein Markenzeichen in diesen Tagen von Wimbledon und seine nostalgische Mode-Reminiszenz an die große Tradition dieses stilvollen Turniers.

Auf der Ehrenrunde winkt der Schweizer unaufgeregt ins Publikum. Ein Champion und Gentleman feiert mit seinen Fans. Ein Tennisspieler, der auf dem Weg ist, schon bald der Größte aller Zeiten zu werden in seinem Sport. „Er kann hier in Wimbledon sechs, sieben, acht Mal gewinnen“, hat Björn Borg schon vor dem Spiel über Federer gesagt. „Ich gönne es ihm und kann mir keinen Besseren vorstellen, um meinen Rekord zu brechen.“ Auch bei der Zahl der Grand-Slam-Titel, die sich aus den großen Turnieren in Melbourne, Paris, London und New York zusammensetzen zog Federer mit dem Schweden gleich. Borg und Federer haben jetzt je 11. Hier führt Pete Sampras mit 14. Der Amerikaner holte insgesamt sieben Wimbledon-Titel, einmal drei und einmal vier in Folge.

„Fantastisch, fünf Titel hintereinander. Ich gratuliere“, sagte der faire Verlierer Nadal nach dem Spiel. Vorher hatte der 21-jährige Spanier – auch im Vorjahr hier schon Federers unterlegener Gegner – die Nummer eins der Tenniswelt in Schwierigkeiten gebracht. „Fünf Sätze – das bin ich sonst nicht gewohnt“, sagte Federer. Fast vier Stunden hatte er für den Sieg gebraucht. Im letzten Satz sah es sogar einmal stark nach einer Niederlage für ihn aus. Zwei Breakbälle musste der Titelverteidiger beim Stand von 2:2 abwehren, bis er sein Aufschlagsspiel doch noch durchbrachte.

„Da habe ich ein bisschen Angst bekommen“, sagte Federer. Allzu ängstlich sah es allerdings nicht aus, was direkt nach dem vermeintlichen Moment der Schwäche geschah: Im Gegenzug nahm Federer seinem eben noch so starken Gegner den Aufschlag ab. Dann trumpfte Federer auf. Das Spiel zum 5:2 gewann er zu null. Drei Asse trugen dazu bei. Zum Schluss nahm er noch einmal Nadal den Aufschlag ab. Zwei Matchbälle brauchte der Champion schließlich zum Sieg.

„Er hat sich mit seinem starken Aufschlag gerettet. Diese besondere Fähigkeit unterscheidet uns noch. Ansonsten habe ich nicht schlechter gespielt als er“, sagte Nadal, der Federer auch in den Sätzen zuvor zugesetzt hatte – vor allem im vierten Satz. Björn Borgs Platz in der Royal Box blieb zu dieser Zeit leer. Der Altstar hatte sich eine Pause gegönnt und nicht mitbekommen, wie sein Nachfolger unten auf dem Rasen in Schwierigkeiten geriet.

Federer lobte seinen jungen Gegner: „Er hat sein Spiel noch weiter verbessert“, sagte der Wimbledon-Champion, der bei den French Open auf dem Sandplatz von Roland Garros zuletzt erneut gegen Nadal unterlegen war. Immer besser kann der Spanier inzwischen aber auch auf anderem Belag mithalten. Gestern stand er nicht so weit hinter der Grundlinie wie so häufig zuvor und er spielte vom Tempo her variabler. „Im letzten Jahr hat er einfach draufgehauen und wusste nicht warum“, sagte Federer. „Das ist jetzt anders.“ Nadals Bilanz gegen Federer ist ohnehin positiv: 8:5 steht es jetzt zwischen den beiden großen Rivalen der letzten Jahre.

„Ich kann mich noch nicht mit Roger vergleichen“, sagte Rafael Nadal bescheiden. „Ich habe doch erst drei Grand-Slam-Titel.“ Sein großer Gegner traut dem Zweitplatzierten der Tennis- Weltrangliste jedenfalls noch sehr viel mehr zu: „Ich muss jetzt so viele Titel mitnehmen wie möglich“, sagte Roger Federer, der im nächsten Monat 26 Jahre alt wird. „Rafael wird ja noch so viel länger spielen als ich.“

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