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© dpa

Sport: Immer wieder Vize

Bayer Leverkusen spielt gut und wird doch vom eigenen Image eingeholt

Ernst und gefasst stand Rudi Völler in den Katakomben des Dortmunder Stadions und beantwortete geduldig die Fragen. Doch auch Leverkusens Sportdirektor fiel es offenbar schwer, das Erlebte zu verarbeiten. 0:3 hatte Bayer Leverkusen vor 80 000 Zuschauern verloren, doch was sich nach Klatsche anhört, war in Wahrheit ein Mysterium. „Ein Fehler reicht, um hier zu verlieren“, sagte Völler und schüttelte das graue Haupt.

Worauf er anspielte, war die Szene kurz nach der Pause, mit der das Spielgeschehen auf den Kopf gestellt wurde. Eckball Hajnal, Kopfball Owomoyela, Barrios hält den rechten Fuß hin – 0:1. Keine Zuordnung, keine Abstimmung, keine Gegenwehr. Danach brach Bayer ein und verlor durch einen weiteren Treffer von Barrios und einen von Rangelow klar. Es war eine Niederlage, die grundsätzliche Fragen aufwarf. Eine Halbzeit lang hatten die Leverkusener gewirbelt. Läuferisch enorm präsent, mit perfekter Raumaufteilung, großem technischen Geschick und der Aura eines Spitzenteams. Dass keine klare Führung gelang, war dem fahrlässigen Umgang mit besten Möglichkeiten und einem Dortmunder Torwart Roman Weidenfeller in großer Form geschuldet.

„Ich weiß nicht wie, aber irgendwie haben wir komplett den Faden verloren“, sagte der Schweizer Tranquillo Barnetta. Auch Völler zuckte ratlos mit den Schultern. Vor 16 Jahren ist er aus Marseille ins Rheinland gezogen, als Spieler und Sportdirektor von Bayer Leverkusen kennt er das Prozedere des Scheiterns in- und auswendig. Es ist gut vorstellbar, dass Leverkusen seinem Standardwerk Vize in dieser Saison ein neues Kapitel hinzufügt. Ein Sieg in Dortmund, und Bayer wäre in der Tabelle an den Bayern vorbeigezogen. Doch die Steilvorlage wusste das Team nicht zu nutzen. Als das passierte, was Trainer Jupp Heynckes als „Blackout von 15 Minuten“ bezeichnete, war niemand zu sehen, der das Heft in die Hand genommen hätte. Nun steht Heynckes nicht im Verdacht, einzuknicken, wenn es um alles geht. Als Spieler in Gladbach und Trainer in München hat er zig Meisterschaften gefeiert, mit Real Madrid holte er gar die Champions League. Kurz vor seiner Pensionierung erweitert er nun seinen Erfahrungsschatz, indem er die Leverkusener Krankheit kennenlernt. Ruhig und gefasst geht Heynckes damit um, wenn er auf das Schicksal seines Arbeitgebers angesprochen wird.

Doch entziehen kann sich diesem psychologisch wie medial so reizvollen Thema niemand. Deshalb hat es sich der Trainer zur Angewohnheit gemacht, einen gelassenen Umgang mit den Geschehnissen zu pflegen. „Die Frage habe ich jetzt schon 27 Mal beantworten müssen“, erwiderte Heynckes, als er auf das Leverkusener Schicksal angesprochen worden war. Seine Mannschaft sei jung, das könne schon mal passieren. Als ihn der Reporter vom Bezahlfernsehen mit der Nachricht konfrontierte, es sei ja nichts geschehen, weil auch die Bayern punktlos geblieben sind, grantelte Heynckes: „Was heißt hier nichts passiert? Es ist einiges passiert. Wir machen in der ersten Halbzeit ein Klassespiel und verlieren trotzdem mit 0:3.“

Sieben Runden bleiben Bayer, um das Stigma des ewigen Verlierers doch noch abzulegen. Den Glauben daran hat Stefan Kießling nicht aufgegeben. Niemand müsse verzweifeln, hat der Nationalspieler versichert: „Wir sind nach der Niederlage in Nürnberg wieder aufgestanden und haben gegen Hamburg ein super Spiel gemacht. Das wird uns gegen Schalke auch gelingen.“

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