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Sport: Importierte Weltklasse

Ausländische Trainer sollen China 2008 in Peking zu Platz eins verhelfen

Kann es eine bessere Referenz geben als die von Christian Bauer? „Er ist einfach der Weltbeste“, sagt Matthias Behr, Fecht-Olympiasieger von 1976 und heute Internatsleiter im Olympiastützpunkt Tauberbischofsheim, über seinen Kollegen. Das ist schon fast die Mindestanforderung von Bauers neuem Arbeitgeber. Der Elsässer Bauer bereitet die chinesischen Säbelfechter in Peking auf die Olympischen Spiele 2008 vor, und China will im eigenen Land an den USA vorbei auf Platz eins der Medaillenwertung springen. Dafür sind die Besten gerade gut genug.

Christian Bauer, lange französischer und italienischer Nationaltrainer, ist nur einer von vielen. Weil im Kampf um Platz eins in der Nationenwertung die einkalkulierten Erfolge in den Paradedisziplinen wie Turnen, Tischtennis, Schießen oder Turmspringen nicht ausreichen, holen die Chinesen einen Weltklassetrainer nach dem anderen ins Land. In vielen Disziplinen hat China kaum eine Tradition, geschweige denn eine Auswahl an qualifizierten Trainern. Für den Erfolg zahlen Pekings Sportfunktionäre nicht nur üppige Honorare, sie werfen sogar alte Ressentiments über Bord.

Die Synchronschwimmerinnen werden nun von Masyo Imura trainiert. Dabei sind die Beziehungen zu Japan noch immer angespannt. Bis heute weigert sich der Inselstaat, sich für das Massaker von Nanjing vor genau 70 Jahren und die Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg zu entschuldigen. Vor diesem Hintergrund bezeichneten selbst chinesische Zeitungen die Verpflichtung einer japanischen Trainerin als „überraschenden Coup“.

Auch die zuletzt chronisch erfolglosen Fußballfrauen haben seit kurzem eine neue Übungsleiterin. Marika Domanski-Lyfors war allerdings nicht erste Wahl. Zuvor hatte Chinas Fußballverband Tine Theune-Meyer den Job angeboten. Doch die Trainerin der deutschen Weltmeisterfrauen von 2003 hatte gleich abgewunken. Nun soll die Vizeweltmeisterin die Chinesinnen in Form bringen. Die Olympiaauswahl der Männer wird inzwischen von Ratomir Dujkovic betreut. Bei der WM 2006 hatte der 60-Jährige Ghana ins Achtelfinale geführt.

Die Liste lässt sich leicht fortsetzen. Der Südkoreaner Kim Changback ist Chefcoach des chinesischen Hockeyverbandes. Der Litauer Jonas Kazlauskas – im Zweitjob Trainer des griechischen Spitzenklubs Olympiakos Piräus – soll die Basketballer in Peking aufs Podest führen. Schließlich hat Kazlauskas mit dem NBA-Profi Yao Ming den populärsten Sportler des Landes im Nationalteam.

Ähnlich hoch sind die Erwartungen an die Basketball-Damen. „Ich habe realistische Hoffnungen, dass wir es unter die letzten vier schaffen“, sagt Thomas Maher. In Athen betreute der Australier noch Neuseeland. In Peking will er mit Chinas Basketballerinnen nach einer langen Durststrecke wieder eine Medaille. 1992 gewannen die Chinesinnen Silber.

Chinas Tennisverband wirbt um die Unterstützung von Fench-Open-Sieger Michael Chang, dem bisher erfolgreichsten chinesischstämmigen Tennisspieler. 1987 gewann Chang als 17-Jähriger in Paris. Auch aus Deutschland wirbt China Trainer ab. Klaus Siebert, einst Assistent von Bundestrainer Frank Ullrich, führte im vergangenen Winter Chinas Biathletinnen an die Weltspitze. Bundesliga-Trainer Eckhard Krautzun beriet den chinesischen Fußballverband, ehe er aus gesundheitlichen Gründen seinen Vertrag auflöste. „Bei einem Großereignis wie Olympia dabei zu sein, reizt jeden Trainer“, sagte Krautzun bei seinem letzten Besuch in China. Diesem Reiz erlag auch Wolfgang Nitschke. Der Leipziger war Sportdirektor des Deutschen Ringerbundes, ehe der ihn nach Stasivorwürfen 2004 entließ. Nun steht er in China an der Matte.

Doch allein namhafte Trainer zu verpflichten ist noch keine Garantie auf Gold, weiß auch Josef Capousek, der wohl erfolgreichste Trainer in deutschen Diensten bei Olympischen Sommerspielen. Zuletzt in Athen holten seine Kanuten viermal Gold und dreimal Silber. Seit 2005 ist er im Dienste der Chinesen.

Von einer solchen Ausbeute träumt auch Capouseks neuer Arbeitgeber und muss nun umlernen: „Die Chinesen wollen manchmal mit dem Kopf durch die Wand“, sagt Capousek, „ hier wird jeden Tag gegen die Uhr gefahren, jeden Tag gibt’s Ranglisten. Erholung ist für Chinesen Faulheit. Ich muss die Trainer zwingen, damit sie begreifen, dass Sportler Pausen brauchen.“

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