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Sport: In der Heimat ungeliebt - doch in Europa zählt FC Portos Torjäger Mario Jardel zu den umworbenen Stars

Vor drei Wochen haben Giovane Elber, Paulo Sergio und Mario Jardel gemeinsam in Vigo für Brasilien gekickt. Das Freundschaftsspiel gegen Spanien war schnell abgehakt, da hatte Jardel noch eine Frage: "Was haltet Ihr eigentlich von Hertha BSC?

Vor drei Wochen haben Giovane Elber, Paulo Sergio und Mario Jardel gemeinsam in Vigo für Brasilien gekickt. Das Freundschaftsspiel gegen Spanien war schnell abgehakt, da hatte Jardel noch eine Frage: "Was haltet Ihr eigentlich von Hertha BSC?" Die beiden Profis vom FC Bayern München hatten einiges zu erzählen. Jardel hörte aufmerksam zu und instruierte anschließend seinen Trainer. Denn morgen spielt der Torjäger des FC Porto selbst gegen die Berliner: in der Zwischenrunde der Champions League.

"Ich weiß jetzt genug über Hertha", sagt Jardel. Und Hertha sollte genug über ihn wissen. Kein anderer prägt das Spiel des Portugiesischen Meisters so wie Mario Jardel, der Mann der Rekorde. Seit dreieinhalb Jahren spielt der Brasilianer für den FC Porto, und seitdem trifft er wie kein anderer. Dreimal in Folge ist er portugiesischer Torschützenkönig geworden, im vergangenen Jahr hat er mit 36 Toren den Goldenen Fußballschuh als Europas Torjäger des Jahres gewonnen. In dieser Saison stehen sechs Tore in der Champions League zu Buche, dazu 15 in 13 Meisterschaftsspielen. Am Freitag erst hat Jardel den FC Porto zum 1:0-Sieg über den FC Santa Clara geschossen. In 106 Spielen für den FC Porto kommt er auf ebenso viele Tore.

Allein in der Heimat wissen sie mit dem Torjäger im fernen Portugal nicht allzu viel anzufangen. Dabei steht der Name Jardel für beste Unterhaltung. Seine Mutter hat ihn einem Künstler entlehnt, der für das brasilianische Fernsehen Telenovelas inszeniert, Seifenopern im Nachmittagsprogramm. Der kleine Jardel wollte immer schon ein Fußballstar werden. Als Zweijähriger weinte er, wenn ihm die Mutter den Ball wegnahm, später protestierte er in der Schule, als sein Sportlehrer einen Volleyballspieler aus ihm machen wollte. Der Vater hatte ein Einsehen und schickte ihn zu Ferroviáro, seinem Lieblingsverein.

Jardels Talent fiel schnell auf. Vasco da Gama, eine der ersten Adressen in Brasilien, bezahlte 1989 50 000 DM für den Halbwüchsigen und gab ihm schon ein Jahr später einen Profivertrag. In zwei Jahren schoss Jardel 82 Tore für Vasco da Gama - und fiel doch durch. Die Fans mochten ihn nicht. Mit seinen 1,88 m Körperlänge bewegt er sich nicht so ästhetisch, wie es der Fan in Rio de Janeiro von einem erwartet, den er sich zum Idol macht. Jardel wirkt ein wenig behäbig und ungeschickt. Kein typischer Brasilianer.

Jardel stand an einem Wendepunkt. Vasco da Gama lieh ihn an Gremio Porto Alegre aus, und dort gewann er sein Lächeln zurück. Jardel schoss in 14 Monaten 65 Tore und Gremio zum Sieg bei der Copa de Libertadores, dem Südamerikapokal. Jetzt wuchs auch das Interesse der europäischen Klubs. Vasco da Gama witterte das große Geschäft. Ein katalanisches Konsortium erwarb für zwei Millionen Mark die Transferrechte und verkaufte Jardel an die Glasgow Rangers. Dort aber war Jardel kaum mehr als ein Spekulationsobjekt, gekauft nur, um weiterverkauft zu werden.

Benfica Lissabon hätte Jardel gerne verpflichtet, konnte aber nicht das nötige Geld aufbringen. Der FC Porto war in einer besseren Situation und zahlte im Sommer 1996 7,5 Millionen DM. Es war der teuerste Kauf in der ganzen Klubgeschichte für einen Brasilianer, den in Europa noch gar keiner kannte. Drei Jahre später sieht das ganz anders aus. In den Blättern von Porto und Lissabon heißt Jardel nur der "Goldene Kopf des portugiesischen Fußballs".

Die Anerkennung in der Heimat aber fehlt ihm immer noch. In der Nationalmannschaft kommt er nur zu sporadischen Einsätzen, bei der WM in Frankreich reichte es nicht einmal zu einem Platz im Kader. "Viele haben mir danach gesagt, dass ich genau der richtige Mann für die vielen hohen Flanken gewesen wäre", sagt Jardel heute. Trainer Mario Zagallo aber wollte nichts wissen von dem staksigen Torjäger und nahm lieber den alternden Star Bebeto mit. Jardel blieb zu Hause, und Brasilien hatte spätestens dann ein Stürmerproblem, als der verletzte Ronaldo nicht mehr mit vollem Einsatz spielen konnte.

In Europa zählt der 26-Jährige mittlerweile zu den gefragten Stars. Seine Ablösesumme ist auf vier Millionen Dollar festgeschrieben. Das ist nicht viel Geld für einen Stürmer mit Torgarantie. Zwar lässt Jardel keine Gelegenheit aus zu betonen, "dass es mir in Porto gut gefällt". Doch schon im letzten Jahr wollten die Mailänder Klubs AC und Inter, der FC Barcelona und Real Madrid Jardel unter Vertrag nehmen. Auch Bayern München war interessiert, entschied sich dann aber für Paulo Sergio.

Auch darüber werden die beiden vor drei Wochen in Vigo geredet haben.

José Martins

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