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Sport: In der Pflicht

Leverkusen fehlt die Motivation für den Liga-Alltag

Ihn verfolgt das Klischee des stets unzufriedenen Grantlers. Klaus Augenthaler, sagt man, flüchtet sich nach Niederlagen und schlechten Vorstellungen gern in zynische Aphorismen. Insofern verblüffte der Niederbayer am Samstag nach dem 2:2 Leverkusens gegen den Aufsteiger Nürnberg mit einer seltenen Milde. Dabei hatte seine Mannschaft, die drei Tage zuvor noch nach dem Sieg gegen Madrid gefeiert worden war, über 75 Minuten eine erbärmliche Vorstellung geboten. Nur weil Nürnbergs Mintal ein unglückliches Handspiel unterlief, das Bayer einen Elfmeter und den 1:2-Anschluss bescherte, war am Ende nicht die erste Heim-Niederlage der Saison herausgekommen.

Die Nachsicht Augenthalers erklärt sich womöglich damit, dass er mit einem solchen Einbruch gerechnet hatte: „Das ist normal nach so einem Highlight wie gegen Madrid“, sagte er. Zu präsent waren vielleicht noch die Gedanken an die Kombinationen und Tore gegen die „Königlichen“. Und dann kommt mit Nürnberg ein Aufsteiger in die Bayarena. Die Punkte sind trotzdem verloren. Während Spieler wie Kapitän Carsten Ramelow ein wenig um Verständnis baten und auf das Positive, nämlich die beiden Tore zum Schluss, hinwiesen, fand Torhüter Jörg Butt deutliche Worte: „Die Motivation ist einfach höher, wenn man gegen Real Madrid oder Bayern München spielt, aber das darf bei unseren Zielen keine Rolle spielen.“ Wenn sie wieder in die Champions League kommen wollten, dann „muss in die Köpfe rein, dass wir nicht nur gegen die ganz Großen gewinnen, sondern auch die Pflichtsiege einfahren müssen“, schimpfte der Torhüter.

Um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, „müssen wir in der Lage sein, einen Aufsteiger wie Nürnberg permanent unter Druck zu setzen.“ Bereits beim 0:2 in Mainz war Bayer das nicht gelungen. Augenthaler vertrat die gleiche Ansicht, nur wählte er einen moderateren Ton. „Die Saison dauert ein ganzes Jahr“, sagte der Coach, „Bayern München und Real waren nur zweimal 90 Minuten“. Zur großen Mannschaft fehlt Bayer Augenthaler zufolge noch die nötige Cleverness. „Dann muss man einfach auch mal unattraktiv spielen“, sagte der Trainer – lange das zu Null halten und in der letzten Viertelstunde das Tempo erhöhen und zum Erfolg kommen. Seine Mannschaft habe gegen Nürnberg einfach so weiter spielen wollen und sei schließlich an der eigenen Geschwindigkeit gescheitert, weil diesmal die Pässe nicht angekommen waren.

Trotz des Rückschlages äußerte Augenthaler Optimismus. „Wir sind stark genug, die Punkte auch woanders zu holen“, sagte er. Er scheint recht froh darüber, dass in den nächsten Partien kein Aufsteiger droht. Bayer muss nacheinander im Pokal zum Meister nach Bremen, dann nach Stuttgart und nach Kiew. Erst am 2. Oktober droht mit dem Heimspiel gegen den HSV wieder grauer Alltag.

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