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Sport: In Erwartung der Hölle

Heute kann Alba in Bonn Meister werden – wenn die Berliner dem Druck von den Rängen gewachsen sind

Berlin - Ob Luka Pavicevic seinen Spielern wohl die beiden Städtenamen eingebleut hatte, in der Kabine, nach dem Triumph? Aleksandar Nadjfeji war der Erste, der Bamberg und Frankfurt erwähnte nach dem 99:69 im dritten Playoff-Finalspiel gegen die Telekom Baskets Bonn, kurz darauf tat Immanuel McElroy es ihm gleich. Gegen Bamberg hatte Alba im April 83:68 gewonnen – und fünf Tage später 58:74 in Frankfurt verloren. Auf den klaren Sieg sei sein Team „emotional nicht vorbereitet“ gewesen, sagte Trainer Pavicevic damals. Das soll heute (22.35 Uhr, Zusammenfassung beim RBB), wenn Alba Berlin in Bonn den ersten Meistertitel seit 2003 gewinnen kann, nicht noch einmal passieren.

Inzwischen haben die Berliner einige Erfahrung gesammelt im emotionalen Umgang mit der Demonstration der eigenen Stärke. Im ersten Play-off-Viertelfinalspiel hatte Alba Bremerhaven mit 40 Punkten Unterschied geschlagen – und setzte sich wenige Tage später auch auswärts durch. Am Sonntag brillierten die Gastgeber gegen die hilflosen Bonner derart, dass das Bremsen der Euphorie anschließend Priorität genoss. „Keiner hebt ab, übers Feiern reden wir nicht“, sagte Sportdirektor Henning Harnisch. Er erlebte 1997 als Spieler mit, wie die Bonner Alba die erste Meisterfeier der Vereinsgeschichte zunächst verdarben. Die Berliner hatten das zweite Finalspiel bei dem Aufsteiger mit 31 Punkten Differenz gewonnen – was sollte da schon noch schief gehen? Im dritten Spiel war alles bereit für die große Party, unter der Decke der Max-Schmeling-Halle hingen tausende Luftballons in den Vereinsfarben gelb und blau. Doch 2,2 Sekunden vor Schluss machte Bonns Eric Taylor mit einem Dreipunktewurf zum 78:77-Sieg alle Planungen zunichte. Erst einige Tage später in Bonn durfte Alba feiern.

Dass es nicht einfach wird, diesen Triumph heute, an Pavicevics 40. Geburtstag, zu wiederholen, das wissen die Berliner. „Ich erwarte die Hölle“, sagt Geschäftsführer Marco Baldi theatralisch. Bonn ist in den Play-off-Heimspielen ungeschlagen, und beim Sieg gegen Alba vergangene Woche (81:71) trieb eine enthusiastische Menge das Team bei der Eröffnung des Telekom Dome nach vorn. „Wenn der Schiedsrichter pfeift und von keinem Team gehört wird, spielt das schon eine Rolle“, sagt Baldi. Alba fühlte sich obendrein von den Referees benachteiligt, die eine zu aggressive Bonner Spielweise zugelassen hätten. „Ich weiß nicht, ob das noch legal war“, sagt Henning Harnisch. Die Berliner ließen sich trotz aller Routine von mehr als 6000 „rheinischen Frohnaturen“ (Baldi) beeindrucken. In Berlin war es drei Tage später umgekehrt. Rund 8800 Alba-Fans sorgten im möglicherweise letzten Alba-Spiel in der Max-Schmeling-Halle für eine „sensationelle Stimmung“, wie Baldi findet, der sich noch bedeckt hält, was den Umzug in die O2-World am Ostbahnhof angeht.

Als Siebter war Bonn in die Play-offs eingezogen und hatte dort bewegende Last-Minute-Siege in Quakenbrück und Frankfurt geliefert. Am Sonntag waren die Spieler dann psychisch zu ausgelaugt, um Albas 35:9-Sturmlauf im zweiten Viertel stoppen zu können. „Der Kopf war leer, nicht der Akku“, sagte Trainer Michael Koch. Er tröstete sich damit, „dass es manchmal mehr weh tut, mit einem Punkt Unterschied zu verlieren als mit 30“. Und vielleicht auch damit, dass Alba in den Play-offs auch schon Schwächen gezeigt hat: Im Halbfinale führte der Favorit in der Serie gegen Oldenburg 2:0, hatte ein Heimspiel – und verlor.

Public Viewing in Berlin: 20.15 Uhr (Einlass 19 Uhr) in der Axel-Springer-Passage, Markgrafenstraße 19a.

Wie Alba an die Schulen geht: Seite 16.

Helen Ruwald

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