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Im aufrechten Gang. Die Spieler von Türkiyemspor im April im Jahn-Sportpark. Nun steht der tiefe Fall bevor.

© dapd

Insolvenz beantragt: Türkiyemspor droht Zwangsabstieg

Die Krise bei Berlins Oberligist Türkiyemspor hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Der einstige Vorzeigeklub steht vor dem Zwangsabstieg und der nächsten Umstrukturierung.

Berlin - „Wir stecken in der schwersten Krise der Vereinsgeschichte“, hatte Türkiyemspor-Manager Cemal Can schon vor einem halben Jahr gesagt. Gleichzeitig beteuerte er aber, man hätte die größten Probleme überwunden und sei auf dem Weg der Besserung. Tatsächlich jedoch hat die Krise inzwischen einen neuen Höhepunkt erreicht, und das Insolvenzverfahren, das im Oktober 2010 gerade noch abgewehrt wurde, ist nun offiziell eingeleitet worden. Es ist der letzte Versuch, den seit langem mit finanziellen Problemen kämpfenden Kiezverein zu sanieren. Türkiyemspor wurde Ende der siebziger Jahre von Hobbykickern in Kreuzberg gegründet und gilt seitdem als Vorzeigeklub in Sachen Integration. Kurz nach der Wende hatte der Verein sogar Chancen, in die Zweite Bundesliga aufzusteigen und lockte regelmäßig mehrere tausend Zuschauer an.

Durch die jetzt angemeldete Insolvenz steht der Zwangsabstieg in die sechste Liga bevor. In Zukunft soll bei den Kreuzbergern die Jugendarbeit im Fokus stehen. Bereits im Oktober mussten die Verträge von Trainer Marco Gebhardt und mehreren Spielern aufgelöst werden. Die Verbindlichkeiten insgesamt liegen im mittleren sechsstelligen Bereich.

Yalcin Sancar übernahm bei der jüngsten Umwälzung des Vorstands im Februar das Präsidentenamt, die entscheidenden Fehler wurden seiner Aussage zufolge aber schon vorher begangen. „Mir wurden falsche Zahlen genannt, Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt waren schon seit Monaten vernachlässigt worden“, sagt Sancar. Der Gang in die Insolvenz sei für ihn zwar schmerzhaft, aber unvermeidlich. „Wir müssen vernünftiger werden und wollen eine transparente Vereinsstruktur schaffen“, so der Türkiyemspor-Präsident weiter. Ümit Ünsal, im Februar als Geschäftsführer eingesetzt, gab nach nur fünf Monaten entnervt auf. „Von den neu eingesetzten Funktionären haben einige überhaupt nichts gemacht“, sagte Ünsal dem Tagesspiegel. Der Ex-Geschäftsführer bescheinigt Türkiyemspor auch unter dem aktuellen Vorstand große Defizite in der Vereinsstruktur sowie außerdem Kompetenzprobleme. Deshalb habe er schon vor zwei Jahren für eine Insolvenz plädiert.

Wie es mit der Oberliga-Mannschaft weitergeht, ist völlig unklar. Derzeit taumeln die Kreuzberger mit Interimstrainer und zusammengewürfelter Truppe von Niederlage zu Niederlage. Ob die aktuelle Saison überhaupt zu Ende gespielt werden kann, lässt sich frühestens am Jahresende sagen. Die Spielerverträge werden aufgelöst. Fraglich ist außerdem, ob die Ausgaben für den Spielbetrieb bei laufendem Insolvenzverfahren genehmigt werden und ob der Nordostdeutsche Fußballverband eine in jeglicher Hinsicht nicht konkurrenzfähige Mannschaft in der Oberliga dulden würde.

Der Klub will nun in erster Linie die A-Junioren beim noch möglichen Aufstieg in die Bundesliga unterstützen. Zumindest hier scheint dank unabhängiger Geldgeber von der Krise im Hauptverein nicht viel angekommen zu sein.

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