zum Hauptinhalt
Es war einmal. Christian Beeck als Teammanager des 1. FC Union. Inzwischen ist er zu Energie Cottbus zurückgekehrt, wo er als Spieler seine erfolgreichste Zeit erlebt hatte.

© dpa

Interview mit Christian Beeck: "Bei Union hat sich alles zum Kommerz entwickelt"

Christian Beeck, der frühere Teammanager des 1. FC Union, spricht im Interview über die Entlassung beim Berliner Zweitligisten und seine neue Aufgabe als Manager von Energie Cottbus.

Herr Beeck, als Sie noch Manager beim 1. FC Union Berlin waren, sagten Sie einmal: "Wenn man mich hier nicht mehr möchte, woanders würde ich den Job nicht machen." Im Mai 2011 wurden Sie beurlaubt. Nun beginnen Sie als Manager bei Energie Cottbus.

Zu meiner Aussage von damals stehe ich, habe sie später aber eingeschränkt: Wenn ich im Fußballbereich bleibe, muss ich mich mit dem Verein identifizieren können. Das ist bei Energie Cottbus der Fall. Für den Klub habe ich sechs Jahre die Knochen hingehalten. Das ist der einzige Standort, an dem ich mit gleichem Herzblut arbeiten kann wie bei Union.

Können Sie, der in Rathenow geboren wurde, in Berlin aufwuchs, und fast nur für Ostvereine gespielt hat, nur Manager bei einem Ostklub sein?

Vielleicht. Fußballvereine sind besondere Unternehmen, bei denen es nicht um nackte Zahlen geht, sondern um Emotionen. Sie können aus meiner Sicht nur mit ehrlicher Identifikation erfolgreich geführt werden.

Union haben Sie einst sogar als Ihre Familie bezeichnet. Ärgert Sie das jetzt?

Das war in der Aufstiegseuphorie 2009. Die Fans waren, sind und bleiben sehr speziell – alles andere hat sich zum gewöhnlichen kommerziellen Profifußball entwickelt. Was auch in Ordnung ist.

Zum 30. Juni lief Ihr Vertrag bei Union aus, ein Jahr haben Sie zu den Umständen der Trennung geschwiegen. Warum?

Ich war lange enttäuscht. Wie man nach so vielen gemeinsamen Jahren in zehn Minuten alles abgewickelt hat – da schweigt man lieber. Im Nachhinein muss ich sagen, es war mein Fehler, dass ich nicht selbst früher die Konsequenzen gezogen habe und von alleine gegangen bin. Ich war leider nicht mehr in der Lage, die Dinge objektiv und differenziert zu betrachten. Die emotionale Seite spielte eine entsprechende Rolle.

Was ist passiert?

Es gibt Dinge, die sollten da bleiben, wo sie sind. Ich will nicht nachtreten, so wie einige andere. Die Geschichten, die über mich verbreitet wurden, waren aberwitzig. Am Ende habe ich alle geforderten Ziele erreicht und somit sechs tolle Jahre erlebt. Die in der vierten Liga begannen und in der Zweiten Liga endeten.

Nach dem Abschied hieß es in Köpenick, man benötige einen Manager mit mehr wirtschaftlichem Sachverstand.

Da musste ich schmunzeln. Aber viele wissen, über welche Kontakte und Interessen ich verfüge: Börse, Wirtschaftsräte. Ich habe in den vergangenen Monaten wieder Managementtechnik studiert, unheimlich viele Seminare zum Thema Unternehmensstruktur, Konfliktfähigkeit, Kommunikation und Führung besucht. Sachverstand brauche ich nicht mit Powerpoint-Präsentationen nachzuweisen.

Ein Jahr, ganz ohne Fußball?

Ich hatte überlegt, ein völlig anderes Geschäftsmodell anzugehen, war damit schon ziemlich weit. Es ging um Immobilienfinanzierung. Ganz vom Fußball kam ich in dem Jahr aber nicht los: Er machte weiterhin 30 Prozent meines Lebens aus. Ich habe Spiele geschaut, Gespräche mit Beratern und Trainern geführt, mich weitergebildet. Aber eben auch endlich mehr von der Welt gesehen als nur Hotelzimmer. Zuletzt war ich mit Zelt und Rucksack drei Wochen in Kanada. Ich habe Kraft getankt für die neue Aufgabe in Cottbus.

Unions Trainer Uwe Neuhaus, mit dem Sie sich am Ende nicht mehr verstanden, wurde zitiert, er hätte kein Problem damit, mit Ihnen mal ein Bier trinken zu gehen.

Meine Nummer hat er ja.

Waren Sie seit ihrer Freistellung mal wieder im Stadion An der Alten Försterei?

Nein. Und irgendwie bin ich ganz froh, dass es noch ein anderes Berliner Zweitligastadion gibt, wo ich meine Spielbeobachtungen machen kann. Denn bei Union wäre es mir kaum möglich, ein Spiel in Ruhe zu schauen. Traurig, aber wahr.

Einmal in dieser Saison müssen Sie aber heimkehren. Ein komisches Gefühl?

Es sollte wohl besser zurückkehren heißen.

Ein Spiel, bei dem Sie emotional hin- und hergerissen sein werden?

Nein, da bin ich einfach strukturiert. Ich habe einen neuen beruflichen Lebensinhalt und diesem gehört meine gesamte Aufmerksamkeit.

Beeck über seine neue Aufgabe in Cottbus

Bei Union hat man nach Ihrem Abschied alle Macht im sportlichen Bereich dem Trainer übertragen, das ist in Cottbus in den vergangenen drei Jahren schief gegangen. Claus-Dieter Wollitz wirkte am Ende überfordert mit der Aufgabenfülle. Können Sie das nachvollziehen?

Ein Trainer, der beide Jobs richtig machen will, geht daran kaputt. Er muss seine Spieler, die höchstbezahlten Angestellten des Vereins, geistig und körperlich topfit kriegen. Wenn er sich um zu viele andere Dinge kümmern muss, kann er das Teuerste, was ein Verein hat, nicht mehr richtig hegen und pflegen.

Was ist aus Ihrer Sicht in Cottbus sonst falsch gelaufen? Das kann ich nicht beurteilen. Der Verein wäre beinahe abgestiegen, das muss Warnung für alle sein. Wir haben in Cottbus erstklassige Rahmenbedingungen und wir werden mit allen Mitteln versuchen, eine bessere Saison zu spielen.

Aber warum stimmen Aufwand und Ertrag nicht? Unsere Spieler haben die Qualität, konnten sie aber nicht immer abrufen. Wir waren geistig und körperlich nicht immer auf der Höhe.

Zuletzt wirkte der ganze Verein, das Umfeld, seltsam lethargisch. Warum? Wo Leidenschaft fehlt, ist Identifikation ganz weit weg. Die Leute müssen sehen: Hier brennt es wieder! Alle Lausitzer wissen, wofür ich stehe: Ich habe mich nie geschont im Trikot des FC Energie.

Bei Energie und Beeck denkt man an ein Zitat von Ihnen aus dem Jahr 2000: "Wenn ich jemanden mutwillig zerstören will, treffe ich mich mit ihm draußen und haue ihm ein paar auf die Lichter."

Den Satz höre ich noch oft. Das waren acht Wochen Sperre und eine hohe Geldstrafe nach einem angeblichen Tritt gegen Victor Agali. Ich war drin in der Schublade, weil ich nach dem Spiel in einem Interview übers Ziel hinausgeschossen bin.

Energie geht mit einer latent schwelenden Trainerdiskussion in die Saison. Rudi Bommer hat nur 13 Punkte geholt in einer Halbserie. Eine Belastung?

Nun mal langsam, es gibt keine Trainerdiskussion. Es ging seit seinem Amtsantritt darum, die Klasse zu halten. Die schwierigen Situationen, die Rudi Bommer gemeistert hat, fordern höchsten Respekt.

Werden Sie bei den Spielen neben ihm auf der Bank sitzen?

Schauen wir mal. Das war kein Thema.

Als Tribünenhocker könnten Sie Situationen wie zuletzt bei Union vermeiden: Da mussten Sie sich, obwohl Sie sich längst nicht mehr verstanden, mit Trainer Neuhaus abklatschen, um das öffentliche Bild zu wahren.

Das gehört zum professionellen Arbeiten. Der Erfolg hat uns Recht gegeben.

Das Gespräch führte Matthias Wolf.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false