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© dpa

Interview: „Sebastians Stellenwert werde ich nicht erreichen“

Der Motorradfahrer Stefan Bradl spricht über seinen Trainingskollegen Vettel und die Bedeutung von der Motorrad-WM und Formel 1. Der große Unterschied für ihn: "Bei uns zählt immer noch, was auf der Strecke passiert".

Herr Bradl, eine Woche nach der Formel 1 treten auch Sie und die anderen Motorradfahrer zum Großen Preis von Deutschland an. Sie sind locker mit Sebastian Vettel befreundet – haben Sie ihm am Nürburgring zugejubelt?



Nein, das letzte Mal gesehen habe ich ihn vor einem Jahr in Hockenheim, da haben wir auch kurz geschwatzt. Ich finde ihn sympathisch, er ist ein toller Sportler. Aber wir haben nicht permanenten Kontakt – er geht seinen Weg, ich meinen.

Im vergangenen Jahr hat Ihnen Vettel per SMS zu Ihren beiden Siegen gratuliert. In dieser Saison hat er Sie aus diesem Grund vor dem Rennen auf dem Sachsenring noch nicht kontaktieren müssen: Sie haben Probleme mit Ihrer verletzten Hand und dem Motorrad und bisher noch kein Rennen gewonnen.

Das stimmt, aber ich bin wieder schmerzfrei und muss nun einfach ein bisschen konstanter werden. Außerdem habe ich Sebastian eine SMS geschrieben, als er in Schanghai und Silverstone gewonnen hat, und er hat sich auch bedankt.

Woher rührt denn Ihre Anteilnahme?

Wir kennen uns schon lange, weil wir früher zusammen trainiert haben. Red Bull hat ein Trainingszentrum in Thalgau in Österreich, da macht man so Ausdauertests. Da waren wir gemeinsam und haben ab und zu etwas zusammen gemacht. Das war so 2004, zu dem Zeitpunkt waren wir beide noch ganz klein: Er ist Formel BMW gefahren und ich in der deutschen Motorrad-Meisterschaft. Ich glaube aber, heute ist er ein bisschen größer als ich (lacht).

Finden Sie es ungerecht, dass Vettel als Formel-1-Fahrer so viel mehr Ruhm und Reichtum abbekommt als Sie auf dem Motorrad?

Ob es ungerecht ist oder nicht, weiß ich nicht. Ich habe mich daran gewöhnt. Ich habe zwei Grand-Prix-Siege, er gerade mal einen mehr, aber die Formel 1 hat einfach einen anderen Stellenwert als die Motorrad-WM in der 125er-Klasse. Wenn es jetzt MotoGP wäre, wäre ich sicher auch ein bisschen berühmter, aber ich hätte trotzdem nicht den Stellenwert wie Sebastian.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Durch die Schumacher-Ära hat die Formel 1 so viel Begeisterung auf sich gezogen. Mit BMW und Mercedes sind auch zwei deutsche Firmen dabei, da steht aus dieser Sicht einfach viel mehr dahinter, auch vom Geld her. Wenn man so will, ist das die Champions League, und wir hier spielen Bundesliga.

Kann man denn als Bundesligist gut leben?

Wir haben nicht den Topverdienst wie in der Formel 1. Höchstens in der MotoGP, da gibt’s aber eigentlich auch nur einen, und der heißt Valentino Rossi. Wenn man richtig gut dabei ist in der MotoGP, dann geht’s schon in die Millionen. Zu Beginn muss man aber eher noch Geld mitbringen, um ein Motorrad zu kriegen.

Und als letztjähriger Zweiter auf dem Sachsenring und WM-Vierter in der 125er?

Wenn man in der Weltmeisterschaft unter den ersten Zehn mitfährt, kann man schon davon leben. Es gibt ein Grundgehalt – je besser man ist, desto höher ist das. Dann gibt es noch die Punkteprämien. Die sind dieses Jahr natürlich nicht so toll. Letztes Jahr war es richtig gut, da konnte keiner damit rechnen. Gut für mich, schlecht für’s Team.

Haben Sie das Geld angelegt oder schon verprasst?

Ausgegeben ist noch nichts. Da passe ich schon ein bisschen auf (lacht).

In der Formel 1 verdient man zwar mehr, dafür ist der Druck auch größer. Nicht erst auf dem Nürburgring schien dies Vettel zu beeindrucken und zu Fehlern zu treiben.

Ja, nach seinem Fehler in Istanbul zum Beispiel waren die Schlagzeilen: „Vettel mit Fehler nur auf Rang drei“. Das war schon ein bisschen hart. Er fährt mit 21 Jahren aufs Podium, und dann „nur Rang drei“!

Würden Sie trotzdem manchmal gern in der schillernden Motorsport-Champions- League Formel 1 antreten?

Ich weiß nicht. Was mir in der Formel 1 nicht gefällt, ist, dass eigentlich fast alles von den Teamchefs bestimmt wird. Sebastian hat momentan ein gutes Auto und viel Talent, und das zeigt er auch, aber die Rennen werden viel mehr im Hintergrund entschieden als bei uns. Bei uns zählt immer noch, was auf der Strecke passiert.

– Das Gespräch führte Christian Hönicke.

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