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Bernd Stange, 64, war von 2002 bis 2004 Nationaltrainer im Irak (siehe Foto). Insgesamt arbeitete er auf drei verschiedenen Kontinenten, war DDR-Nationaltrainer und Coach von Hertha BSC.

© picture alliance / dpa

Interview zu Maradona-Engagement: Bernd Stange: "Im Irak ist alles möglich"

Der frühere irakische Nationaltrainer Bernd Stange spricht im Tagesspiegel-Interview über seine Zweifel am Engagement von Diego Maradona sowie Fans und Gefahren im Land.

Herr Stange, Diego Maradona soll die Nationalmannschaft des Irak als neuer Trainer übernehmen. Sie hatten den Posten von 2002 bis 2004 inne. Sind Sie überrascht, dass eine Fußball-Legende wie Maradona im Irak zusagt?

Nicht wirklich. Das Land zählt inzwischen zu den reichsten im Nahen Osten. Im Irak ist alles möglich. Durch die vielen Ölmillionen ist man dort in der Lage, so gut wie jeden Namen zu verpflichten. Das hatte sich schon bei Zico gezeigt.

Der Brasilianer wurde bei seiner Ankunft frenetisch gefeiert, hatte aber als ausländischer Trainer dann nur wenig Erfolg. Wie groß ist die Gefahr, dass bei Maradona das Gleiche eintritt?

Seine Verpflichtung wird erstmal einen riesigen Hype auslösen. Aber ob der wirklich lange anhält? Ich glaube es nicht. Noch hat die Mannschaft alle Chancen, sich für die WM in Brasilien zu qualifizieren. Aber mit Japan und Australien spielt man noch gegen die Topteams. Verpasst Maradona die Qualifikation, ist er schnell wieder weg.

Was macht Sie so sicher?

Im Irak sind große Emotionen im Spiel, dort wird nicht immer rationell entschieden. Ich gebe Ihnen ein Beispiel...

...nur zu!

Vor zwei Tagen hatte ich noch mit einem Bekannten vom Verband telefoniert. Er erzählte mir, dass man jetzt auf einheimische Trainer setzen will. Innerhalb weniger Stunden muss dieser Vorsatz dann gekippt worden sein.

Erfahrung in Asien. Diego Maradona war bis Juli 2012 Trainer von Al-Wasl in den Arabischen Emiraten.
Erfahrung in Asien. Diego Maradona war bis Juli 2012 Trainer von Al-Wasl in den Arabischen Emiraten.

© dpa

Hat es auch positive Seiten, dass Maradona kommt?

Momentan muss die Nationalmannschaft ihre Spiele außerhalb des Irak austragen, weil es in der Vergangenheit immer wieder zu Ausschreitungen kam. Vielleicht erhoffen sich die Verantwortlichen mit der Unterstützung Maradonas, bald wieder in Bagdad spielen zu können.

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Zeit im Irak?

Da gab es viele positive Momente. Wir haben die Qualifikation für Olympia in Athen geschafft und wurden dort Vierter. Leider musste ich mein Amt dann niederlegen. Es gab es viele Entführungen und Geiselnahmen, angeblich stand mein Name ganz oben auf der Liste. Das Auswärtige Amt riet mir von einer Rückkehr in den Irak ab. Damals herrschte noch eine ganz andere Situation im Land.

Was hat sich seitdem sportlich getan?

Die Irakis sind verrückt nach Fußball, die Begeisterung ist unglaublich groß. Die Liga ist inzwischen solide organisiert und es gibt einen regelmäßigen Spielbetrieb mit 18 Mannschaften. Die Strukturen wachsen stetig, aber es gibt noch viel zu verbessern. Deshalb finde ich eine mögliche Verpflichtung Maradonas auch nicht glücklich.

Warum nicht?

So ein Mann kommt natürlich nicht für umsonst. Man hätte das Geld lieber in den Nachwuchs und die Trainerausbildung investieren sollen. Da wäre es besser angelegt gewesen.

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