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Andreas Hinkel, 34, wechselte 2006 vom VfB Stuttgart zum FC Sevilla, mit dem er gleich im ersten Jahr den Uefa-Cup gewann.

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Interview zum Europa-League-Finale: Andreas Hinkel: "Der FC Sevilla ist eine Pokalmannschaft"

Ex-Nationalspieler Andreas Hinkel spricht über das Erfolgsgeheimnis seines Ex-Klubs FC Sevilla und die Aussichten im Europa-League-Finale gegen den FC Liverpool.

Andreas Hinkel, Ihr ehemaliger Verein, der FC Sevilla, könnte gegen den FC Liverpool zum dritten Mal in Folge die Europa League gewinnen. Es wäre der fünfte Titel in den letzten zehn Jahren. Sind Klub und Wettbewerb füreinander gemacht?

Scheint so. Aber das bezieht sich nicht nur auf die Europa League. Sevilla ist ein Klub, der in K.-o.-Spielen immer auftrumpft. Sie stehen dieses Jahr auch wieder im spanischen Pokalfinale, nächstes Wochenende geht es da gegen den FC Barcelona. Egal ob Copa del Rey, Super Cup, Europa League – in ein oder zwei Spielen ist Sevilla nur sehr schwer zu schlagen.

Gibt es dafür eine Erklärung?

Ich habe auch schon darüber nachgedacht, die Mannschaft verändert sich ja ständig. Die Spieler sind andere und sind trotzdem kaum auszuschalten. Das liegt auch an der Stimmung, an der Mentalität, die im Klub vorgelebt wird

War das schon so, als Sie 2006 in Sevilla ankamen?

Da ging es gerade los. Der Klub hatte wenige Monate vorher den Uefa-Cup, also den Vorläufer der Europa League, gewonnen. Es war der erste internationale Titel der Vereinsgeschichte, in der Stadt waren alle unheimlich stolz. Überall wurdest du als Spieler angesprochen. Auf der Straße, in den Tapasbars. Gleichzeitig herrschte so ein Gefühl, nach dem Motto: ‚Jetzt wollen wir mehr.’

Gleich in Ihrem ersten Jahr konnten Sie den Uefa-Cup-Sieg wiederholen.

Nicht nur das. Wir haben gleich zu Saisonbeginn den Uefa-Supercup gegen Barcelona gewonnen. 3:0, ein echtes Ausrufezeichen. Später dann noch den spanischen Pokal. Aber der Uefa-Cup war der Titel, der am meisten gefeiert wurde.

Was glauben Sie, warum?

Ich hatte das Gefühl, die Leute sind stolz darauf, dass ihr Klub endlich auch in Europa bekannt ist. In Spanien ist es unheimlich schwer, aus dem Schatten von Barça und Real Madrid zu treten. Wenn du einen Europapokal gewinnst, gehörst du automatisch zu den Großen. Auf dieses Gefühl mussten sie in Sevilla lange warten.

Im Finale gegen Espanyol Barcelona waren Sie nicht dabei. Schmerzt das noch?

Sicher, aber ich habe auch so meinen Teil beigetragen. Unsere damalige Mannschaft war einfach unglaublich stark. Ich denke, das war der beste Kader, den Sevilla je hatte. Dani Alves, Jesus Navas, Luis Fabiano, Frederic Kanoute, Renato, Adriano – man muss sich ja nur mal anschauen, bei welchen Klubs die später gelandet sind. Das waren Spieler, die immer, wirklich immer, gewinnen wollten.

Wie äußerte sich diese Mentalität?

Schon im Kleinen. Mein Konkurrent als rechter Außenverteidiger war Dani Alves, ein echter Weltklassemann, schon damals. Dani ist ein super lockerer Typ, der lacht eigentlich immer. Nach dem Training haben wir zwei öfter noch Torschüsse geübt. Jeder zehn Schuss, wer mehr Tore machte, gewann. Meistens ging es eng zu, und wenn Dani mal verlor, lachte er nicht mehr. Das hat ihn dann tierisch gewurmt und er ist in der Kabine verschwunden. So waren damals alle.

Der Erfolg ist umso erstaunlicher, da Sevilla seine besten Spieler immer verkauft und jedes Jahr wieder neu anfangen muss.

Die Transferpolitik ist überragend! Sportdirektor Monchi verfährt immer nach dem gleichen System: Die Spieler, die kommen, sind zwischen 23 und 26 Jahre alt. In Sevilla machen sie den nächsten Schritt, ehe es für viele weiter nach Barcelona, Madrid oder Manchester geht.

Im Finale geht es diesmal gegen den FC Liverpool. Ihr Tipp?

2:1 für Sevilla. Jedenfalls hoffe ich das. In der Premier League gibt es viel Geld, aber in der Primera Division wird einfach richtig guter Fußball gespielt.

Das Gespräch führte Sebastian Stier.

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