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Die Stürmerin Celia Sasic (26, geborene Okoyino da Mbabi) hat in bislang 97 Länderspielen 53 Tore erzielt.

© dpa

Interview zur FIFA-WM 2015 auf Kunstrasen: Celia Sasic: „Wir werden nicht so ernst genommen“

Fußball-Nationalspielerin Celia Sasic spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über den Streit um Kunstrasenplätze bei der FIFA-WM 2015 in Kanada.

Frau Sasic, Sie haben gemeinsam mit fast 50 anderen Weltklasse-Fußballerinnen eine Petition unterschrieben, die sich gegen Kunstrasenplätze bei der FIFA-WM 2015 in Kanada richtet. Warum?

Wir spielen Profifußball, die WM ist unser wichtigstes Turnier, der Höhepunkt. Fußball ist grundsätzlich ein Sport, der auf Rasen gespielt wird. Natürlich sollten dann bei einer WM die besten Bedingungen herrschen. Unser Protest richtet sich aber nicht gegen den Kunstrasen an sich.

Sondern?
Es gibt mittlerweile sehr gute Kunstrasenplätze, die ein ähnliches Spiel wie auf Rasen erlauben. Aber solche Plätze wird es in Kanada im nächsten Sommer nicht überall geben. Das ist das Hauptproblem. Die Plätze werden nicht dem Niveau entsprechen, das wir als Spielerinnen und Mannschaften haben.

Sie hatten in der Vergangenheit mit Verletzungen zu kämpfen. Fühlen Sie sich auf Kunstrasen in dieser Hinsicht unsicherer?
Das spielt natürlich eine große Rolle. Nach einem Spiel auf einem nicht ganz so guten Kunstrasen merkt man das – zum Beispiel in den Gelenken. Ich hatte vor kurzem eine Sprunggelenksverletzung, nach einer halben Stunde auf einem schlechten Kunstrasen merke ich, dass mein Fuß das nicht so gerne hat. Ich habe auch mit Schürfwunden böse Erfahrungen gemacht, da kommt es ganz stark auf die Qualität des Platzes an.

Ihre Nationalmannschaftskollegin Nadine Angerer hat gesagt, Fußball auf Kunstrasen sei ein anderes Spiel als auf Rasen.
Der Untergrund ist schon immer ein wesentlicher Bestandteil des Fußballs gewesen. Das Spiel wäre nicht so wunderschön, wenn es den Rasen nicht geben würde. Dieses Gefühl, das Gras unter den Füßen zu spüren!

Eine Männer-WM auf Kunstrasen ist kaum vorstellbar. Fühlen Sie sich – so wie andere Topspielerinnen es bekundet haben– durch die FIFA diskriminiert?

Darum geht es mir persönlich nicht. Aber der Frauenfußball ist kleiner und bringt nicht so viel Geld ein. Deswegen ist es bei uns wohl nicht so schlimm. Ich bin nicht dafür, Männerfußball und Frauenfußball ständig zu vergleichen. Natürlich haben viele Dinge bei den Männern eine ganz andere Dimension. Aber manches ist schon absurd: Es gab sogar Gedankengänge, einen Teil der WM auf Rasen und den Rest auf Kunstrasen zu spielen. Jemand hat gesagt, wir seien da eine Art Versuchskaninchen.

Sind Sie das denn?
So weit würde ich nicht gehen. Aber es gibt da einfach wenig Erfahrung. Für mich ist die Frage entscheidend, ob es in jedem Spielort einen Kunstrasen der neuesten Generation geben wird. Und auch auf allen Trainingsplätzen.

Wird der Frauenfußball von der FIFA als Fußball zweiter Klasse behandelt?

Man hat schon das Gefühl, dass wir nicht so ernst genommen werden. Es hat uns auch niemand erklärt, warum wir auf Kunstrasen spielen sollen. Es ist ja nicht so, dass es in Kanada im Sommer schneit und alle Rasenplätze gesperrt werden.

Was ist Ihre Erklärung?
Das ist für mich das große Geheimnis. Wieso kommt man auf die Idee, eine WM auf Kunstrasen zu veranstalten? Kanada hat ja Rasenplätze! Wenn wir irgendwo in Sibirien spielen würden, wo kein Gras wächst – meinetwegen. Aber so erschließt sich mir das nicht wirklich.

Fifa-Präsident Joseph Blatter hat Kunstrasen kürzlich als „Zukunft des Fußballs“ bezeichnet. Denken Sie, es geht Blatter auch um die Vermarktung dieses Untergrunds?
Die Fifa macht das sicher nicht zum Spaß. Da wird es schon einen Gedankengang geben.

Ihre Petition wurde von der FIFA ignoriert. Der Weltverband sagt, es gebe „keinen Plan B“. Wie sehen Sie die Chancen dafür, dass Sie doch noch Erfolg haben?
Ganz ehrlich: Seitdem erstmals eine WM auf Kunstrasen kolportiert wurde, gehe ich davon aus, dass es auch so kommt. Wie gesagt: Die Fifa denkt sich etwas dabei. Wir wissen nur nicht was.

Die US-Amerikanerin Abby Wambach, Weltfußballerin 2012, nennt den Streit ein „Geschlechter-Thema“. Ihre Initiative hat nun sogar in Kanada eine Klage wegen sexueller Diskriminierung eingereicht.
Noch mal: Für mich geht es nicht um Diskriminierung. Es geht um Sport auf höchstem Niveau. Da ist es mir wirklich egal, ob ich eine Frau oder ein Mann bin. Fußball ist unsere Leidenschaft, alle Spielerinnen werden bei der WM alles geben. Aber deswegen müssen wir noch lange nicht alles mit uns machen lassen.

Das Gespräch führte Lars Spannagel.

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